I 
32 
städtische Bürgertum selbständig in die Ereignisse eingriff. Es hatte erkannt, 
daß Handel und Wandel nur unter einem starken Königtum gedeihen kann. Die 
Sachsen zerstörten nun die Burgen und verbrannten die Kirchen. Ja sie rissen 
die modernden Gebeine von Heinrichs Sohn und Bruder aus der Gruft und 
streuten sie umher. Solche Roheit und Heiligtumsschändung brachte die Fürsten 
und Bischöfe wieder auf Heinrichs Seite. In der blutigen Schlacht bei Langen¬ 
salza a. d. Unstrut wurden die Sachsen besiegt. Aber Heinrich mißbrauchte in 
törichter Verblendung seinen Sieg. Denn er ließ sofort die im Sachsenlande 
zerstörten Burgen wieder herrichten, nahm viele vornehme Sachsen gefangen und 
zog ihre Güter ein. Auch gab er die gefangenen Bischöfe nicht frei, obgleich 
Papst Gregor VII. solches von ihm forderte; dadurch schuf er sich in diesem 
einen neuen, sehr mächtigen Feind. 
4. Heinrich im Barm. Heinrich besetzte, wie das bisher üblich gewesen 
war, deutsche und italienische Bistümer. Da erschien ein Gesandter des Papstes 
bei Heinrich und verlangte von diesem, daß er die durch Simonie in ihre Stellen 
gelangten Bischöfe absetze und sich fortan der Belehnung der Bischöfe vollständig 
enthalte. Dazu kam noch, daß Heinrich von den Sachsen eines lasterhaften 
Lebenswandels angeklagt war. Der Papst drohte ihm deshalb, daß er ihn in 
den Bann tun werde, wenn er nicht „bis zur nächsten Fastensynode" (einem 
geistlichen Gerichte) Beweise seiner Sinnesänderung gegeben habe. Empört über 
solche Anmaßung, ließ Heinrich den Papst auf einer Versammlung von 26 deutschen 
Bischöfen in Worms absetzen und schrieb „an Hildebrand, nicht den Papst, 
sondern den falschen Mönch": „Steige herab, verlaß den angemaßten apostolischen 
Stuhl!" Aber der Papst schreckte vor den Drohungen Heinrichs nicht zurück. 
Im Gegenteil, er tat, was noch kein Papst vor ihm gewagt hatte, und sprach 
über den König den Bann aus und alle seine Untertanen von dem Eide der 
Treue los. Anfangs lachte Heinrich darüber. Den Herzögen aber war die Ab¬ 
setzung des Kaisers sehr willkommen, und auch von den Bischöfen stellte sich 
einer nach dem anderen auf die Seite des Papstes. Bald erklärten die deutschen 
Fürsten, einen anderen König wählen zu wollen, wenn Heinrich nicht binnen 
Jahresfrist vom Banne gelöst sei. 
5. Beile nach Italien. Der Papst wollte nach Augsburg kommen, um 
die deutschen Angelegenheiten zu entscheiden. Das mußte Heinrich verhindern, 
wenn er den Papst nicht als Oberherrn anerkennen wollte. Da entschloß er sich, 
als Büßer nach Italien zu ziehen. Er wollte sich als sündiger Mensch vor dem 
Priester demütigen. Dann durste ihm der Papst die Lösung vom Banne nicht 
versagen. Damit war denn auch den Fürsten der Grund zu einem Abfall ge¬ 
nommen. Im Winter des Jahres 1077 trat er mit seiner Gemahlin, seinem 
dreijährigen Söhnlein und einem kleinen Gefolge die harte Reise über die Alpen 
an. Die süddeutschen Fürsten wollten die Absicht des Königs vereiteln und ihn 
nicht durchlassen. Er mußte den Umweg über den Mont Cenis machen. Das war 
ein furchtbarer Weg. Es herrschte ein besonders strenger Winter. Die Pfade 
lagen unter tiefem Schnee verborgen. Die Männer krochen aus Händen und Füßen 
und waren in beständiger Angst, in den gähnenden Abgrund hinabznrollen. Die 
Königin und ihre Frauen wurden in Rinderhüute gewickelt und so von den Führern 
hinabgezogen. Zum Tode erschöpft kamen die Reisenden in der Ebene an.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.