§ 33. Die Befreiungskriege. 
75 
ihm, der Herzog von Oldenburg, von Napoleon entthront wurde. Er hob 
darum die Handelssperre gegen England auf. Dafür wollte Napoleon 
Rußland strafen und zog mit einem Heere von 1/2 Million Streitern, zu 
dem auch Preußen und Österreich hatten Truppen stellen müssen, im Früh¬ 
ling 1812 nach Rußland. In zwei blutigen Schlachten wurden die Russen 
geschlagen; aber auf ihrem Rückzüge verwüsteten sie ihr eigenes Land, so 
daß sich schon jetzt in Napoleons Heere durch großen Mangel die Bande 
der Ordnung lockerten. Endlich war Moskau, die ehrwürdige Hauptstadt 
Rußlands, erreicht. Hier hofften die ermatteten Krieger Erholung zu finden; 
von hier aus gedachte Napoleon den Frieden vorschreiben zu können. Aber 
hier sollte ihn die göttliche Gerechtigkeit ereilen. Der russische Statthalter 
ließ, nachdem fast alle Bewohner geflohen waren, die prächtige Stadt an¬ 
zünden, um den Franzosen das Überwintern in derselben unmöglich zu 
machen. Kaiser Alexander wies alle Friedensvorschläge Napoleons zurück, 
und so sah sich dieser gezwungen. Ende Oktober den Rückzug durch das 
gänzlich ausgesogene Land anzutreten. Die Westeuropäer im französischen 
Heere, an den strengen russischen Winter nicht gewöhnt, erlagen massenweise 
dem Hunger und dem Froste. Verfolgt von nimmer rastenden Kosaken¬ 
schwärmen, wurde das Heer, in dem bald alle Ordnung aufhörte, nach 
Westen gedrängt. Bei dem Übergange über die Beresina, einem Neben¬ 
flüsse des DniePr, erreichte das Elend seinen Höhepunkt. Die Brücken brachen, 
Tausende fanden in den Fluten den Tod, und ungeheuer groß war die 
Zahl derer, die in russische Gefangenschaft gerieten. Napoleon eilte nach 
Paris, die Trümmer seines gewaltigen Heeres ihrem Schicksale überlassend. 
Im elendesten Zustande gelangten kaum 30000 Mann als Nest des ge¬ 
waltigen Heeres in Polen an. 
2. Preußens Erhebung. Die Kunde von dem Strafgericht Gottes 
über Napoleon erweckte in den Herzen vieler Preußen die Hoffnung, daß 
jetzt die Stunde der Befreiung von dem französischen Joche geschlagen habe. 
General Jork, der Führer des preußischen Hilfsheeres, schloß unter deni 
Jubel seiner Soldaten mit den Russen am 30. Dezember zu Tauroggen 
(nordöstlich von Tilsit) einen Vertrag ab, nach welchem das preußische Heer 
für neutral erklärt wurde. Zwar mußte der Köuig diesen Schritt zunächst 
mißbilligen, denn in Berlin war er völlig in der Gewalt der Franzosen. 
Aber im Januar begab er sich nach Breslau. Am 3. Februar erließ er 
einen Aufruf zur Bildung freiwilliger Jägerkorps; bald darauf schloß 
er ein Bündnis mit Rußland und stiftete am Geburtstage seiner unvergeßlichen 
Luise, am 10. März, das Eiserne Kreuz. Die Fahnen erhielten die Inschrift: 
„Mit Gott für König und Vaterland", und am 17. März rief er sein ganzes 
Volk zu den Waffen. In diesem ewig denkwürdigen Erlasse mahnte der 
König sein Volk mit ergreifenden Worten: „Keinen andern Ausweg giebt 
es, als einen ehrenvollen Frieden oder einen ruhmvollen Untergang, weil 
ehrlos der Preuße und Deutsche nicht zu leben vermag." 
Das Volk blieb die Antwort auf diesen Ruf nicht schuldig. Von den 
adeligen Herrensitzen wie aus der ärmlichen Banernhütte, aus der Werkstatt
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.