Full text: Realienbuch (Teil 21)

I. Geschichte. 
19 
4. Die Empörung der wachsen. Heinrich IV. wohnte am liebsten in Goslar oder 
auf der Harzburg. Die Sachsen hatten daher viele Lieferungen an Getreide und Vieh 
an seine Hofhaltung zu leisten. Da nun Heinrich auch noch mißtrauisch gegen sie war und 
feste Burgen baute, die er mit fränkischen Lehnsleuten belegte, wurden sie unzufrieden. Ihre 
Grafen und Edlen schlossen daher heimlich einen Bund. Ñuf ihren Bus erhob sich der 
ganze Stamm der Sachsen und zerstörte die Burgen. Heinrich mußte bei Nacht und Nebel 
von der Harzburg fliehen. Er forderte nun die deutschen Fürsten auf, ihm gegen die Sachsen 
Heeresfolge zu leisten. Ñber Fürsten und Bischöfe weigerten sich und fielen offen von ihm 
ab. Da fand der König Zuflucht und Hilfe in der treuen Stadt lvorms. So erwies sich 
der Bürgerstand der aufblühenden deutschen Städte zum ersten Male als 
eine treue Stütze des Kaiserthrons. 
5. Niederwerfung des Aufstandes. Ohne die Unterstützung der Fürsten konnte 
Heinrich aber doch nicht viel gegen die Sachsen ausrichten. Er mußte ihnen Straflosigkeit 
zusichern und versprechen, die Burgen niederzureißen. Da begingen die Sachsen eine schlimme 
Tat. Ñls die Harzburg abgebrochen wurde, zerstörten sie auch die Wirtschaftsgebäude, be¬ 
raubten die Kapelle und rissen sogar die Gebeine der verwandten Heinrichs aus der Gruft. 
Wegen dieses Frevels erklärten sich jetzt viele Fürsten für Heinrich I V. und schickten ihm ihre 
Vasallen, so daß ein stattliches Heer zusammenkam. Mit diesem schlug Heinrich die Sachsen 
in der Nähe von Langensalza an der Unstrut. Er unterwarf sie völlig und gelangte wieder 
in den vollen Besitz der königlichen Herrschaft. 
6. Papst Gregor VII. Gregor VII., der zu Heinrichs IV. Zeit auf dem päpstlichen 
Stuhle saß, war der Sohn eines italienischen Zimmermanns und hieß eigentlich Hildebrand. 
Mit gewaltiger Willenskraft verfolgte er das Ziel, die Kirche von der weltlichen Herrschaft 
unabhängig zu machen und zur höchsten Macht der Erde zu erheben. Zu diesem Zwecke untersagte 
er die Simonie (S. 18, 2). Die Bischöfe sollten von Geistlichen gewählt und vom Papste be¬ 
stätigt werden; ihre Einsetzung (Investitur) durch weltliche Fürsten wurde für unzulässig er¬ 
klärt. Die vornehmsten Geistlichen, die Kardinäle, sollten den Papst erwählen. Die alte Vor¬ 
schrift, daß die Geistlichen ehelos blieben (Zölibat), erneuerte Gregor VII. und verbot dem 
christlichen Volke, bei verheirateten Priestern die Messe zu hören. 
7. Beginn der Kampfes zwischen Kaiser und Papst. Heinrich IV. ernannte die 
Bischöfe weiter, wie es bisher Sitte gewesen war. Da belegte Gregor VH. vier vorn Kaiser 
eingesetzte Bischöfe und einige Katgeber Heinrichs mit dem Kirchenbanne. Wer im Banne 
war, wurde von Gottesdienst und Sakramenten ausgeschlossen. Wenn er gestorben war, 
durfte er nicht kirchlich beerdigt werden. Dem Kaiser selbst verbot der Papst Investitur 
und Simonie und forderte ihn auf, Buße zu tun. Daraufhin berief Heinrich IV. eine Kirchen¬ 
versammlung nach Worms. Dort erklärten 26 deutsche Bischöfe Gregor VII. für un¬ 
rechtmäßig gewählt und für abgesetzt. Heinrich sandte ein Schreiben nach Korn, in dem 
es hieß: „Heinrich, nicht auf unrechtmäßige Weise, sondern durch geheiligte göttliche Ord¬ 
nung König, ruft dem falschen Mönche hildebrand, nicht dem apostolischen Papste zu: 
steige herab, steige herab!" Da sprach Gregor VII. über Heinrich den Bann aus und 
entband alle seine Untertanen von dem Eide der Lehnstreue. 
8. Kanoffñ. Ñls die Nachricht, daß Heinrich im Banne sei, nach Deutschland kam, 
empörten sich die Sachsen von neuem. Die süddeutschen Fürsten hatten schon längst ungern 
bemerkt, wie des Kaisers Macht gewachsen war. Sie beschlossen, einen andern König zu 
wählen, wenn Heinrich nicht innerhalb eines Jahres vom Banne entbunden fei. Ñuf einem 
Reichstage zu Ñugsburg sollte Gregor VII. erscheinen und über Heinrich die Entscheidung 
fällen. Heinrich mochte den Papst aber nicht als feinen Oberherrn anerkennen. Wenn 
2*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.