88
I. Geschickte.
sich die soldatische Art des Vaters mit der Liebe zur
Kunst und Wissenschaft, die er von der Mutter er¬
erbt hatte. Durch sein heiteres Wesen, seine Leut¬
seligkeit und Herzensgüte erwarb sich die die Zu¬
neigung aller, mit denen er in Berührung kam.
Er wuchs zu einem staatlichen Manne mit mäch¬
tigem blonden Vollbarte heran.
2. Zein Familienleben. Im Alter von
27 Jahren verheiratete sich Kronprinz Friedrich
Wilhelm mit der Prinzessin Viktoria von England.
Dem hohenpaare, das ein sehr glückliches Familien¬
leben führte, wurden acht Kinder, vier Zähne und
vier Töchter, geboren. Besonders gern verweilte
die kronprinzliche Familie auf dem Gute Barn¬
stedt bei Potsdam.
3. Sein wirken für dar Vaterland. An
dem Kriege gegen Dänemark 1864 nahm der
Kronprinz als Berater des Generals wrangel
teil. Im Jahre 1866 führte er die II. Armee.
Als er sich bei dieser Gelegenheit in Zchlesien befand, erhielt er unerwartet die Nach¬
richt von dem Tode eines seiner Zähne. Gern wäre er nach Berlin geeilt, um seiner
Gemahlin in den Tagen der Trauer zur Zelte zu stehen; doch die Pflicht gegen das
Vaterland erlaubte es nicht. Der Kronprinz erwies sich als ein geschickter und kalt¬
blütiger Heerführer, der seinen Truppen unbegrenztes vertrauen einflößte. Durch fein
rechtzeitiges Eingreifen entschied er die Schlacht bei Königgrätz. — Im Französischen
Kriege 1870/71 befehligte der Kronprinz die süddeutschen Truppen (III. Armee), deren
Zuneigung er sich in hohem Maße erwarb. Brausender Jubel erhob sich unter den
Kriegern, wenn er sie mit einem freundlichen Worte begrüßte, oder wenn er, die kurze
pfeife im Munde, an ihren Reihen entlang ritt. Der Zieg von Wörth, die gewaltigen Er¬
eignisse von Zedan sind mit seinem Namen untrennbar verknüpft. Für die Einigung
Deutschlands und die Erneuerung der Kaiserwürde ist er mit ganzer Zeele eingetreten.
4. Krankheit und Tod. Im Jahre 1887 erkrankte der Kronprinz an einem
halsleiden. Bald vernahm man im deutschen Volke mit Zorge und Trauer, daß die
Krankheit sich mehr und mehr verschlimmere. Die Arzte sandten den kranken Fürsten
nach verschiedenen Kurorten und zuletzt nach Italien. Dort traf ihn die Nachricht von
dem Tode seines Vaters. Als sterbenskranker Mann eilte er trotz des rauhen Winter¬
wetters nach Deutschland und übernahm als „Kaiser Friedrich III." die deutsche Kaiser¬
würde und die preußische Königskrone. Nur 99 Tage hat er die Negierung geführt.
Fürst Bismarck blieb an der Spitze der Staatsleitung. — Die schreckliche Krankheit machte
immer weitere Fortschritte. Kaiser Friedrich war bald nicht mehr imstande zu sprechen
und mußte seine wünsche schriftlich mitteilen. Mit heldenhafter Überwindung trug er
alle Schmerzen. Seinem ältesten Sohne, dem Kronprinzen Wilhelm, schrieb er einst auf
einen Zettel: „Lerne leiden, ohne zu klagen!" Mit wehmütiger Freude wohnte er der
Vermählung seines zweiten Sohnes, des Prinzen Heinrich, bei. Er nahm auch noch über
die 2. Garde-Infanterie-Brigade, die der Kronprinz Wilhelm ihm vorführte, eine Parade
ab. Am 15. Juni 1888 machte ein sanfter Tod dem schweren Leiden des edlen
Fürsten ein Ende. — wenn Kaiser Friedrich III. den deutschen Kaiserthron auch nur
Friedrich III.