Full text: Realienbuch (Teil 2)

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Erdkunde. 
II 
b) Die Marschen liegen zum Teil tiefer als der Spiegel der Nordsee („Nieder¬ 
lande). Früher waren sie durch den langen Vünensaum völlig gegen die Meeres- 
wogen geschützt. Rber die Dünenkette wurde wie an der deutschen Nordseeküste 
mehrfach von den Fluten zerrissen. Dadurch entstanden die westfriesischen Inseln, 
und die Z ui der (seuder) See, die vorher ein Binnensee war, wurde zum Meerbusen. 
Um die Marschen gegen neue Einbrüche des Meeres, sowie gegen die Überschwemmungen 
der Flüsse zu sichern, hat man sie eingedeicht. Da aber der Boden infolge der 
tiefen Lage sehr feucht ist, müssen die Holländer in rastlosem Fleiße ständig für seine 
Entwässerung sorgen. Zu dem Zwecke haben sie Kanäle angelegt, in denen sich das 
Wasser sammelt. Mittels Pumpen, die durch Windmühlen oder Dampfmaschinen 
getrieben werden, wird es dann aus dem tiefen, ebenen Lande den Flüssen oder dem 
Meere zugeführt. — Zur Nnlage von Straßen benutzt man meist die Krone der Dämme, 
auch die Kanäle bilden wichtige Verkehrswege. 
e) Die Marschen sind, begünstigt durch das milde Klima (Seeklima!), von außer¬ 
ordentlicher Fruchtbarkeit, wegen ihrer Feuchtigkeit eignen sie sich besonders als 
Weideland (Kinder- und Pferdezucht), wo Uckerbau betrieben werden kann, baut man 
neben Getreide solche Pflanzen an, die für die Industrie von Bedeutung sind: Flachs, 
Hanf, Tabak, Zuckerrübe und Zichorie. Sehr einträglich ist in einzelnen Gegenden 
(Haarlem) die Zucht von Blumenzwiebeln (Tulpen, Hyazinthen) und der Gemüsebau. 
d) 5ln der Grenze von Geest und Marsch ist Utrecht (115; Universität) zu 
einem stattlichen handelsorte aufgeblüht (Viehmärkte). Um inneren Kande desjenigen 
Teiles der Dünenkette, der dem Andrängen der Meereswogen standgehalten hat, liegen 
Haarlem (70; Blumenzucht, Kattunweberei und -färberei), Leiden (58; Baumwollen- 
und Tuchindustrie, Universität), sowie Haag (255), die Residenz der Niederlande. Sie 
wird von schönen Wäldern umgeben, die im Schutze der Dünen in dem sonst wald¬ 
losen Gebiete angelegt wurden. Durch herrliche Wege ist der Grt mit dem Seebade 
Scheveningen verbunden. Der natürliche Ausfuhrhafen des gesamten Rhein- 
gebietes ist Rotterdam (403; Schiffbau). Mit ihm wetteifert im Handelsverkehr 
Amsterdam (566), das an der Zuider See gelegen ist. Da für die großen Seeschiffe 
die Fahrt durch die seichte See nicht möglich ist, hat man die Stadt durch einen 
breiten Kanal unmittelbar mit dem Meere verbunden. Die Kanalösfnung wird 
durch lange Dämme gegen Versandung geschützt. 
3. Die Bewohner der Niederlande sind deutscher Abstammung. Durch die Natur 
ihres Landes wurden sie veranlaßt, für peinliche Sauberkeit in den Häusern Sorge zu tragen. 
Nn feuchter Luft fault nämlich das holz und rostet das Eisen leicht. Um diese schädlichen Ein¬ 
wirkungen fernzuhalten, werden die Gebäude häufig mit Dlfarbe angestrichen. Ruch muß die 
Scheuerbürste fleißig gebraucht werden; denn der weiche Moorboden bleibt an den Schuhen 
haften und wird leicht in die Stuben getragen. Der Neinlichkeitssinn der Holländer ist des¬ 
halb sprichwörtlich geworden. Durch Fleiß, Nusdauer und Kraft sind sie in dem Lande, das 
von den Fluten stets bedroht ist, zu Wohlstand gekommen. Kunst (Malerei) und Wissenschaft 
haben bei ihnen eine hervorragende Pflege gefunden. Etwa s/5 der Bevölkerung bekennen sich 
zur reformierten Kirche, */6 sind römisch-katholisch. 
Deutschland erhält aus den Niederlanden besonders Erzeugnisse der Viehzucht (Butter, 
Käse, Fleisch, Felle, Pferde), der Gärtnerei (Blumenzwiebeln, Gemüse) und der Fischerei 
(Heringe usw.). Außerdem kommen im Durchgangshandel über Amsterdam und Rotterdam 
Kaffee, Kakao, Reis, Tabakblätter und andre Kolonialwaren zu uns. Die Holländer beziehen 
aus Deutschland hauptsächlich Brennstoffe, Web- und Metallwaren.
	        
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