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Somit war Deutschland in viele kleine Lander zerfallen, die nur noch koke durch
den Kaiser zusammengehalten wurden. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit
schwand immer mehr, und im Auslande sah man nur mit Hohn auf das ohn¬
mächtige zerrissene deutsche Reich. Diese Ohnmacht Deutschlands machte sich
besonders Frankreich zunutze, indem es seine Grenzen auf Kosten Deutschlands
zu erweitern suchte. Die deutschen Kaiser, vor allem darauf bedacht, ihre öster¬
reichischen Besitzuiigen zu vergrößern, schützten das Reich nur, wenn sie sich selbst
Vorteil davon versprachen.
In dieser Nacht leuchtete nur ein Hoffnungssteru: das Geschlecht der Hohen-
zollern, das in Brandenburg mächtig emporstrebte.
X. Gründung des brandenburgirch=preufeisdien Staates.
u Die Mark Brandenburg,
1. Die Wenden. Zwischen Elbe und Oder wohnten die Wenden. Sie
hatten einen gedrungenen Körper und schwarzes Haar. Ihre Dörfer waren in
Form emes Hufeisens gebaut. Nur von einer Seite führte ein Weg in diesen
Häuserkranz. Die Wenden trieben Feldbau und Viehzucht oder lebten als Fischer
an den zahlreichen Seen und Flüssen. Die Bienenzucht in den werten Herden
lieferte Honig, Wachs und Met. Das Meer befuhren sie als Kaufleute und
als Seeräuber. Früh halten sie gelernt, aus Bronze und Eisen Geräte an¬
zufertigen Mit Schwert, Spieß und Pfeil zogen sie in den Krreg und kämpften
tapfer. Die Toten wurden verbrannt und die Aschenreste in Urnen aufbewahrt.
Starb der Mann, so mußte die Frau den Scheiterhaufen besteigen oder sich in
anderer Werse den Tod geben. Schwächliche Kinder wurden im Walde znm
Verhungern ausgesetzt. Altersschwache Eltern ließen sich Nicht selten von ihren
Söhnen töten. Die Hauptgötter der Weriden waren Vclbog, der Schöpfer der
Welt und Geber des Guten, und Zernebog, der Urheber des Bösen.
2. Die Dordmark. Unter Karl dem Großen war der erste Versuch ge¬
macht, die Wenden zurückzudrängen, weil sie den Sachsen Beistand leisteten.
Heinrich L hatte zum Schutz gegen die räuberischen Nachbarn die Nord mark
gegründet. Sem Sohn Otto der Große erhob den tatkräftigen, aber grau¬
samen Gero zum Markgrafen über das eroberte Wendenland. Dieser hatte
seinen Wohnsitz in Salzwedel. Emst machten die Wenden einen Anschlag auf
sein Leben. Er aber erfuhr davon, lud 30 Wendenfürsten zu einem Mahle und
ließ sie alle ermorden. Das reizte die Wenden zur Empörung. Otto aber unter¬
warf sie bis zur Oder und setzte ihnen Bischöfe ein. In einem großen
Slawenaufstande, der 983 ausbrach, ging fast alles bisher eroberte Land
verloren. Nur die Nordmark, ein Gebiet links von der Elbe, das heute Alt¬
mark heißt, mit der Hauptstadt Salzwedel blieb dem deutschen Reiche erhalten.
Die Nordmark ist der Anfang des preußischen Staates.
3. Die /Inliairiner. 1134—1319. a. Albrecht der Bär. 1134 schenkte ii3s
Kaiser Lothar dem Grafen Albrecht aus dem Hailse der Anhaltiner die Nord¬
mark. Albrecht unterwarf bald die Priegnttz und gelaugte durch Erbschaft
auch in den Besitz des Havel lau des. Hier herrschte der Wendeufürst Pribis-
law. Dieser ließ sich taufen und setzte, da er kinderlos war. Albrecht zum Erben