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Die Franzosen machen es natürlich auch so. Wer zuerst fertig ist, sprengt die
Gegner im ersten Graben in die Luft. Sturmabteilungen, ausgerüstet mit
Bajonett, Handgranaten, Drahtscheren und Äxten, springen vor und werfen den
bestürzten Feind zurück. Dann heißt es, sich in der gewonnenen Stellung ein¬
richten und sichern und einen neuen Angriff vorbereiten. So geht es nur lang¬
sam und mühsam vorwärts.
Kämpfe bei Ipern. Die Engländer fürchteten, unsere Soldaten könnten
nach Calais vorrücken und von da mit ihren schweren Geschützen den Kanal
beherrschen. Um das zu verhindern, durchstachen die Feinde Schleusen und
Deiche und setzten das Gebiet westlich und südlich Nieuport unter Wasser.
Dann schleppten die Engländer aus chren Kolonien Inder, Neger, Kanadier
und Australier herbei, und nun begannen am Iserkanal erbitterte und verlust¬
reiche Kämpfe. Welcher Geist in den Unsern wohnt, zeigt der Kampf bei
Langemarck am 10. November 1914, wo junge Regimenter unter dem Gesang
von „Deutschland, Deutschland über alles" die feindlichen Linien stürmten. Die
Deutschen haben denn auch nicht nur ihre Stellungen gehalten, sondern sich Ende
April 1915 weiter an Ipern herangearbeitet.
Kämpfe bei Soissons. (12.—15. Januar 1915.) Der französische Obergenera!
Joffre tröstete im Herbst 1914 seine Landsleute mit der Versicherung, er könnte
schon jetzt die Deutschen aus Frankreich und Belgien hinauswerfen. Das koste
aber 100000 Mann, und die wären ihm zu schade. Im Januar 1915 opferte
er in den Kämpfen bei Soissons 150000 Mann, und die Deutschen blieben doch
dort, ja, sie gingen sogar zum Angriff über.
Auf den Höhen nördlich Soissons hatten die Franzosen sehr günstige Stellungen
inne, von denen sie die deutschen Schützengräben beschießen und zum Teil ein¬
ebnen konnten. Dann drangen sie beim Sturm in Grabenstücke ein, wo sich
erbitterte Nahkämpfe entspannen. Die Turkos gebrauchten dabei nicht nur Gewehr
und Bajonett, sondern bissen auch und stachen mit dem Messer. So konnte die
Lage nicht bleiben. In kühnen Angriffen zeigten die wackeren Feldgrauen, daß
sie über dem Schanzen und Warten chre Kampfesfreudigkeit nicht eingebüßt
hatten. Bei strömendem Regen arbeiteten sie sich durch den aufgeweichten Lehm¬
boden von Graben zu Graben voran, und wenn die Stiefel im Kote stecken
blieben, ging's barfuß weiter.
Der an Zahl überlegene Feind wehrte sich tapfer in starken Stellungen, und doch
warfen chn die Deutschen auf einer Frontbreite von zwölf bis fünfzehn Kilometern
in dreitägigem Ringen von den Höhen hinunter und über die Aisne. Die Franzosen
verloren das rechte Aisneufer, dazu 25 000 Mann, 18 schwere und 17 leichte Geschütze.
Das waren größere Verluste als in der Schlacht bei St. Privat und Gravelotte
am 18. August 1870, die sich auf einem annähernd so großen Kampffelde abspielte.
Die Kämpfe um den Argonnerwald. Der Argonnerwald liegt ungefähr in
der Mitte zwischen der wichtigen Festung Verdun und dem Lager von Chalons.
Er erstreckt sich von Norden nach Süden in einer Länge von etwa 40 Ion und
hat eine Breite von 8—12 km. Junge Buchen, Eichen, Erlen, Birken und Stech¬
palmen bilden ein dichtes Gebüsch. Um die wenigen großen Bäume schlingen sich
Efeu und Waldrebe. Wege sind selten und schlecht. Bei Regenwetter bleiben
Menschen und Fuhrwerk im lehmigen Boden und in grundlosen Sümpfen stecken.