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IV
das Probierglas über einer Spiritusflamme, so steigen nach kurzer Zeit aus dem
Wasser Luftblasen auf. Diese rühren von der erwärmten Luft in der Glasröhre
her. Ist diese Luft entwichen, so entsteht eine kleine Pause. Plötzlich aber be¬
ginnt ein neues Luftströmen im Wasser, und die Bläschen steigen noch zahl¬
reicher auf als vorher. Diesmal rühren sie von dem Sauerstoffe her, der aus
dem schmelzenden chlorsauern Kali (Kalium, Chlor und Sauerstoff) entweicht.
Man regele die Schnelligkeit der Entwicklung vorsichtig durch zeitweiliges Unter¬
brechen des Erhitzens. Um den Sauerstoff aufzufangen, stülpt man eine mit
Wasser gefüllte Arzneiflasche über die im Wasser befindliche Öffnung der Glas¬
röhre. Beim Umdrehen der Flasche verschließe man die Öffnung mit dem
Finger, bis man sie unter das Wasser des Gefäßes gebracht hat. Der aus
der Glasröhre kommende Sauerstoff steigt in die Flasche und drückt nach und
nach das Wasser aus ihr heraus. Ist dies geschehen, so verkorkt man die
Flasche unter Wasser. So füllt man sich nacheinander 4r—5 Flaschen mit
Sauerstoff.
7. Eigenschaften des Sauerstoffs, a) Taucht man einen glimmenden Span
in den Sauerstoff der Flasche, so brennt er mit Heller Flamme. Bald darauf
aber erlischt die Flamme, da sie den Sauerstoff aufgezehrt hat. Wir sehen also,
daß der Sauerstoff die Verbrennung befördert. Nach unten hin in die Flasche
schlägt die Flamme nicht, ein Beweis, daß der Sauerstoff allein nicht brennt.
Das Verbrennen besteht eben darin, daß ein anderer Körper, hier das Holz,
mit dem Sauerstoffe eine Verbindung eingeht. Entsteht hierbei Licht und
Wärme, so spricht man von einer schnelleren Verbrennung; entsteht nur Wärme,
so wird dieser Vorgang eine langsame Verbrennung genannt. Eine Flamme
entsteht nur dann, wenn die Verbrennung so schnell vor sich geht, daß der
verbrennende Körper Gas erzeugt. Ohne Sauerstoff ist keine Verbrennung
möglich. In die andern Flaschen führt man entzündete Stoffe: In eine glühende
Holzkohle: diese glüht sehr lebhaft; in eine zweite eine brennende Kerze: sie
leuchtet viel heller; in eine dritte brennenden Schwefelfaden: er brennt mit
violetter Farbe; in eine vierte einen spiralig zusammengedrehten dünnen Eisen¬
draht, an den man ein kleines glimmendes Stück Zunder befestigt hat. In dem
Sauerstoff entzündet sich das Eisen an dem Zunder und brennt unter präch¬
tigem Funkensprühen. Im reinen Sauerstoff verbrennen also alle diese Stoffe
heftig. Stellt man ein brennendes Licht auf einen mit Sand bestreuten Tisch
und einen Lampenzylinder darüber, so erlischt das Licht sehr bald. Es fehlt
der Flamme an Sauerstoff. Von unten wird ihm der Zutritt durch den Sand,
von oben durch die über der Flamme sich bildenden Gase verschlossen, die zum
Verbrennen untauglich sind. Sobald man aber den Zylinder auf kleine Holz¬
stückchen stellt, so daß die Luft von unten aus in den Zylinder gelangt und die
beim Brennen entstandenen Gase lebhaft abströmen, beginnt die Flamme lustig zu
brennen.
b) Wenn daher eine Lampe gut brennen soll, so muß die Luft unter¬
halb des Zylinders zur Flamme gelangen können; deshalb die vielen kleinen
Öffnungen an dem Brenner. Warum brennt eine Lampe nicht, wenn man den
Zylinder oben bedeckt hat? Ursache des schlechten Brennens im Ofen. Zweck
des Blasebalges.