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Geschichte.
schäften und Künsten hielt er nicht viel, aber er gründete viele Volksschulen.
— Widerrede vertrug er nicht: „Räsonnier' Er nicht!" das war auf dergleichen
seine Antwort. — Er selbst arbeitete gern und fleißig und forderte dies auch
von seinen Beamten. Schlichte, aufrichtige Frömniigkeit war ein Grundzug
seines Wesens. So ist er das Bild eines rechten deutschen Hausvaters. —
Seine Erholung fand er in der Jagd und im Tabakskollegium.
2. Seine Regierung erstrebte zunächst, daß der Wohlstand des
Volkes gehoben werde. Er zog viele Kolonisten ins Land, so z. B. 20000
evangelische Salzburger, die in ihrer Heimat sehr verfolgt wurden. Er siedelte
sie in Ostpreußen an, das durch die Pest entvölkert worden war. Er ver¬
größerte viele Städte, besonders Berlin und Potsdam. Bemittelte Bürger
zwang er zum Bauen mit den Worten: „Der Kerl hat Geld, muß bauen!" —
Auch unterstützte er Gewerbtreibende und hob z. B. die Tuchmacherei be¬
deutend. — Wahrhaft meisterhaft ordnete der König die Verwaltung des
Staates; er setzte als oberste Behörde das Generaldirektorium ein, dessen
Vorsitzender er selbst war. In allen Verwaltungszweigen ließ er die größte
Sparsamkeit walten. Von den Beamten forderte er Ordnung und Pünktlichkeit
und schuf dadurch einen vortrefflichen Beamtenstand. Auf seinen jährlichen
Besichtigungsreisen sah er nach, wie seine Befehle ausgeführt wurden,
und bestrafte nachdrücklich säumige Beamte. Der Wohlstand des Volkes hob
sich, und der Staatsschatz betrug bei des Königs Tode 26 Millionen Mark.
— Dem Heerwesen widmete Friedrich Wilhelm die größte Sorgfalt. Er
vermehrte das Heer auf 84000 Mann, die zwar unter sehr harter Zucht
standen (Spießrutenlaufen), aber auch vortrefflich geschult waren. Hierbei
war sein treuer Gehilfe der „alte Dessauer", der den eisernen Ladestock und
das Schnellfeuer einführte. Besonders liebte der König lange Soldaten, und
sein Leibrcgiment war eine wahre Riesengarde. Die „langen Kerle" stammten
aus aller Herren Länder; der König nannte sie „seine lieben blauen Kinder".
3. Kriege hat Friedrich Wilhelm wenige geführt. Im Nordischen
Kriege zwangen ihn die Verhältnisse, auf Rußlands und Polens Seite zu
treten; er besetzte Stettin, vertrieb die Schweden aus Stralsund und Rügen
und erhielt Vorpommern bis zur Peene. — Dem Kaiser stand er bei
gegen die Franzosen. Doch gab ihm derselbe das versprochene Fürstentum
Berg (am Rheine) nicht. Erzürnt über diese Undankbarkeit rief er, auf den
Kronprinzen deutend, aus: „Dort steht einer, der mich rächen wird!"
Durch allzu große Anstrengungen hatte des Königs Gesundheit stark ge¬
litten, und er starb schon im 52. Lebensjahre 1740.
8 20. Friedrich II., der Grosze (1740—1786).
A. Seine Jugend. Des Kronprinzen erste Erziehung wurde seiner
Mutter und einer Französin überlassen; durch letztere gewann er frühe die
französische Sprache lieb. Später kam er in militärische Zucht. Sein Vater
wollte ihn zu einem frommen Christen, sparsamen Menschen und tüchtigen
Soldaten erziehen. Aber der Kronprinz wurde durch verkehrte Erziehung
dem Christentum entfremdet, er machte Schulden und fand an den Waffen¬
übungen keinen Gefallen; dagegen liebte er französische Tracht und Bücher
und blies gern die Flöte. Darüber war der König betrübt und klagte: „Fritz
ist ein Querpfeifer und Poet; er macht sich nichts aus den Soldaten und wird
mir meine ganze Arbeit verderben!"
2. Der Zwiespalt zwischen Vater und Sohn ward immer größer;