Metadata: Vaterländisches Lesebuch für die obern Klassen in den Volksschulen Bayerns

195. Das Odergebiet. 
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bare Gewitter entladen sich an den Abhangen und Thalrändern, 
treffen aber auch die Gipfel. Auf der Koppe schlug der 
Blitz am 18. Oktober 1828 in einer Stunde fünfmal ein. 
Diese schnell wechselnden Erscheinungen sind nach der 
Volkssage die Launen des gewaltigen Berggeistes Rübezahl. 
In ihm laufen alle Märchen und Sagen des Riesengebirges 
zusammen: bald erscheint er als Mensch riesenhaft und rüstig, 
bald auch in verschiedenen Tiergestalten, die Bewohner der 
Gegend entweder beglückend oder neckend. Seine Launen 
sind mannigfaltig und abwechselnd, wie das Wetter im Ge¬ 
birge. Er straft diejenigen oft, die ihn durch Rufen seines 
Namens necken und reizen; betrügerischen Rosshändlern ver¬ 
kauft er ein stattliches Pferd, welches sich nachher in einen 
Strohwisch verwandelt; Abenteurern wird ihr Pferd plötzlich, 
und ohne dass sie es selbst merken, zum Stocke, auf dem 
sie hernach im lächerlichsten Aufzuge durch das Dorf reiten. 
Armen dagegen füllt er den Korb mit trockenem Laube, das 
sie keuchend fortchleppen und nachher in Gold verwandelt 
sehen; Kinder und rechtschaffene Brautleute aber beschenkt 
er öfters. Er lässt sich statt des mit Unrecht Verurteilten 
hängen, zappelt stundenlang am Galgen, und wenn man endlich 
nachsieht, findet man einen Strohwisch. Im höchsten Gebirge 
duldet er keine Jagd; nicht einmal Jagdhunde darf man mit¬ 
nehmen. — Von den verschiedenen Ableitungen seines Namens 
ist die bekannteste: er habe sich von einer schönen Prinzessin 
foppen lassen, die ihm, während er auf ihren Befehl die 
Rüben seines Gartens zählte, entflohen sei. 
195. Das Odergebiet. 
Die Oder entspringt aus einem Sumpfe des Lisel- 
herges auf dem sogenannten mährischen Gesenke. Nach 
kurzem Laufe tritt sie in den preussischen Staat, den sie 
nun in seiner grössten Breite, nämlich die Provinzen 
Schlesien, Brandenburg und Pommern, auf einer Strecke 
von 108 Meilen, erst in nordwestlicher, dann in nörd¬ 
licher Richtung durchfliefst. Oberhalb Frankfurt a. 0. ist 
sie durch den Friedrich - Wilhelms- (.Mühlroser-) Kanal 
vnit der Spree, einige Meilen unterhalb durch den Finow¬ 
kanal mit der Havel verbunden. Unterhalb Stettin bildet 
der Strom das kleine und grosse Haff, welches durch die 
Inseln Wollin und Usedom von der Ostsee getrennt ist, 
*nit derselben aber durch drei starne ausfliefsende Ströme, 
Düvenow, Swine und Peene, in Verbindung steht. 
Von den Städten, die an der Oder liegen, sind die 
bedeutendsten: Breslau, Glogau, Frankfurt, Stettin. Von
	        
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