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Naturbeschreibung.
III
Familie der Kreuzblütler.
Der Raps.
1. Stengel und Blätter. Man unterscheidet nach der Zeit der Aussaat
Winter- und Sommerraps. Der Winterraps, der im Spätsommer gesät
wird, treibt im Herbst nur einen ganz kurzen Stengel mit einem Kranz von
Grundblättern, die in einer Rosette dem Boden aufliegen und überwintern.
Im folgenden Frühjahr setzt er das Wachstum fort und schießt gewöhnlich bis
zu einer Höhe von 1 m auf. Der Sommerraps wird im Frühjahr gesät und ent¬
wickelt bald seinen Stengel, der reich mit Blättern besetzt ist. Die Blätter des
Rapses nehmen nach oben hin an Größe ab, um den unteren das Licht nicht zu
rauben. Blätter und Stengel sind bläulich bereift; das rührt von einer zarten
W ach s sch ich t her, welche die grünen Pflanzenteile unbenetzbar macht. Regem
tropfen rollen über das Blatt, werden in Rinnen zum Stengel geleitet und
fließen an ihm herab, um im Boden die spindelförmige Hauptwurzel mit
den feinen Saugwurzeln zu tränken. — Die Bliite. Zahlreiche Blüten stehen
am Ende des Stengels an langen Stielen zu lockeren Trauben vereinigt. Der
vierblüttrige Kelch umgibt vier goldgelbe Kronenblättchen. Mit ihrem Stiel,
dem Nagel, schließen sie sich mit dem Kelch zu einer Röhre zusammen; ihre
Spreiten, die Platte, breiten sie flach aus. Sechs Staubblätter und ein
Stempel stehen inmitten jeder Blüte. Zwei Staubblätter sind kürzer als die
vier andern. Drüsen am Grunde der Staubblätter sondern reichlich Honig ab.
Die Blüten duften angenehm. Insekten, besonders Bienen, werden zu Tausen¬
den von dem weithin leuchtenden Rapsfelde angelockt. Die Kelchblätter sind erst
grünlich, werden aber nach einiger Zeit gelb, um gleichfalls als Lockmittel zu
dienen. Beim Suchen nach Honig übertragen die Bienen mitgebrachten Blüten¬
staub auf das Narbenknöpfchen an der Spitze des langen Fruchtknotens. — Die
Frucht. Die Frucht ist eine vielsamige Schote. Zwei Klappen bilden ihre Außen¬
wände, und eine häutige Scheidewand zieht sich mitten durch von Wand zu Wand.
An der Scheidewand sitzen auf kurzen Stielchen viele Samen. Bei der Reife
lösen sich die trockenhäutigen Klappen von unten her ab, und die Samen werden
ausgestreut. Man erntet deshalb den Raps vor Eintritt der völligen Fruchtreife.
2. Welche Bedeutung hat der Raps? Er ist eine Ölpflanze. Das Ol ist
in den Samenkörnern enthalten. (Zerquetsche einige Samen auf Papier!)
In den Ölmühlen wird es aus den Samen gewonnen. Die Rückstände werden
zu Ölkuchen gepreßt. Sie liefern ein gutes Viehfutter. Das Raps- oder Rüböl
dient zum Schmieren der Maschinen, zur Seifenbereitung usw.
Verwandte. Blumen mit vier Kelch- und vier Kronenblättern, von denen je zwei ein¬
ander gegenüberstehen (kreuzweise stehen), nennt man Kreuzblütler. Sie haben stets sechs
Staubblätter, von denen zwei kürzer sind als die vier andern; ihre Frucht ist eine Schote.
Groß ist die Zahl der Kreuzblütler, die auf Feldern, in Gärten und auf Wiesen wachsen; auf
Feldern: der Hederich, das Pfennigkraut, das Täschelkraut, das Hungerblümchen u. a.; auf
Wiesen: das Wiesenschaumkraut; angebaut in Gärten: der wohlriechende Lack und Levkojen,
die Brunnenkresse, der Meerrettich.
Der Raps gehört zu den Kohlarten, die nebst den Senf- und Retticharten sehr
wichtige Nutzpflanzen sind. Die Kohlarten unterscheiden sich durch ihre kurz geschnäbelte,