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beten und andern Gebrauchen. Man widmete den Göt¬
tern prächtige Tempel und zahlreiche Feste. Die Bilder
der Götter, welche in Tempeln und an öffentlichen Oer-
tern ausgestellt wurden, waren in späkern Zeiten, wo
feinere Bildung sich verbreitet hakte, gewöhnlich Mei¬
sterstücke der Kunst. In den ältesten Zeiten verrichteten
Die Hausväter und Stammfürsten selbst die Opftrge--
brauche; später entstanden jedoch Priester, deren An¬
zahl nach und nach mit den vermehrten gottesdienstlichen
Gebräuchen immer mehr zunahm. Nie aber machten
die Priester einen besonderen Stand unter den Griechen
aus. Die Opfer richteten sich nach der Lebensweise jedes
Volkes, und bestanden anfangs, wie ihre ersten Mahl¬
zeiten, aus Wurzeln und Krautern, dann aus Früch¬
ten, gerösteten Gerstenkörnern, Gerstenmehl mit Salze,
Kuchen, und endlich aus erlesenen, eigens dazu gemäste¬
ten, Thieren. In den ältesten Zeiten wurden auch
Menschen, jedoch gewöhnlich nur gefangene Feinde , den
Göttern geopfert. Einen Haupttheil der griechischen
Religion machten die Orakel au§. Man verstand
darunter Weissagungen, Enthüllungen der Zukunft,
oder Lösung schwieriger Fragen, welche die Götter ge¬
wöhnlich durch den Mund von Priestern ertheilten. Das
Orakel des Jupiters zu Dodona in Epirus war das
älteste. Aus dem Säuseln in den Wipfeln eines dem
Gotte geheiligten Eichenwaldes, und aus dem Klange,
den ein ehernes Gesäß von sich gab, wenn klesne Kugeln
daran schlugen, erklärte man die Zukunft. Spater ent¬
stand das berühmtere, dem Apollo geweihte, Orakel zu
Delphi in der Landschaft Phocis. Es gab da eine
Höhle, aus welcher ein betäubender Dampf aufstieg.
Auf die enge Oeffnung der Höhle wurde ein vreifüßiger
Srlihl gestellt, auf welchen die Priesterinn, die Pythia,
sich setzte, die in eine heftige Wuth gerieth, wenn der
Dampfsie berauschte. Die gebrochenen Tön« und Worte,
welche sie kn diesem Zustande murmelte, wurden von den