278
zweiflung: als er aber sah, daß Oktavian ihn nicht gleich verfolgte,
überließ er sich wieder der alten Sorglosigkeit. Wirklich ließ ihm
auch Oktavian bis ins folgende 5>nhr Ruhe, weil er noch andere
Dinge zu besorgen hatte. Nun machte er sich aber nach Ägypten
auf. — Als Antonius horte, daß Oktavian vor Alexandria ange¬
kommen war, ließ er ihn znm Zweikamps auffordern. Dieser aut-
wortete if)in aber ganz kalt, wenn ihm soviel daran gelegen sei,
zu sterben, so gäbe es der Mittel und Wege andere genug. Noch
einen Versuch wollte Antonius machen; mit den wenigen Soldaten,
die er noch hatte, zog er ihm entgegen. Aber sie gingen zu Ok-
tavian über. Der Tag des Schreckens und der Vergeltung kam
nun über ihn. Alle in Rom begangenen und befohlenen Mord¬
thaten, alles der edlen Oktavia angethane Unrecht stand nun lebhaft
vor seinem Gedächtnis, unb er erkannte, daß er mit Recht unglücklich
set. Als er allein noch der Stadt zurückkam und nach Cleopatra
fragte, sagten ihm ihre Bedienten, wie sie thuen befohlen hatte, sie
sei gestorben. Da geriet der bedauernswerte Mann in Verzweiflung;
er warf seinen Panzer von sich und rief: „Daß ich dich nicht mehr
habe, Cleopatra, betrübt mich nicht; denn ich betrete denselben Weg,
den dn gegangen bist; aber daß ein Weib mich an Mut übertroffen
hat, ist mir schimpflich." Zugleich stieß er sich das Schwert durch
den Leib. Dies dauerte die Umstehenden und einer verriet ihm,
daß Cleopatra noch lebe. Da bot er inständigst, ihn doch zu ihr
zu bringen. Es geschah, und er starb in ihren Armen.
Als Oktavian vom Tode seines ehemaligen Freundes hörte,
vergoß er Thränen. Er hielt seinen Einzug in Alexandria und be¬
mächtigte sich ber Cleopatra; benn er hatte bie Absicht, sie zu seinem
Triumphe auszusparen; sie sollte als Gefangene vor seinem Wagen
einhergehen. Darum stellte er sich auch recht sreurtblich gegen sie,
damit sie seine Absicht nicht merke. Er besuchte sie, sprach ihr Mut
ein unb hoffte sie beschwatzt zu haben. Aber sie burchschaute seinen
Plan unb beschloß, bie Schanbe nicht zu erleben. Das hatte
Oktavian befürchtet unb baher befohlen, sie streng zu bewachen
unb ihr kein scharfes Werkzeug zu lassen. Sie aber wallsahrtete
erst nach betn Grabe bes Antonius, warf sich unter Vergießung