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Freiheit. Daher erklärt es sich auch, daß die große Masse der Bürger aus ehemaligen
Leibeigenen und Sklaven bestand. Der erste Schritt aus der Knechtschaft zur bürger¬
lichen Freiheit war hierdurch geschehen.
6. Heer. Sodann benutzte Heinrich die Zeit des Waffenstillstandes zur Aus¬
bildung seines Heeres. Zunächst wurde der Heerbann erneuert; aber das genügte
nicht. Um den Ungarn erfolgreich entgegen treten zu können, mußte Heinrich eine
tüchtige Reiterei haben. Darum verordnete er, daß jeder älteste Sohn eines Hof¬
besitzers von Zeit zu Zeit zu Pferde erscheinen mußte; dann wurden Kampfesübungen
in Reih und Glied angestellt. Gewöhnlich bildete Heinrich zwei Parteien, die gegen
einander fochten. Jede derselben hatte ein gemeinschaftliches Abzeichen und,eine ge¬
meinsame Kasse, aus welcher die Gefangenen wieder eingelöst wurden. Diese Übungen
find die Anfänge der Turniere oder Ritterspiele geworden.
7. Gründung der Nordmark. Zwischen der Elbe und Oder wohnten die Wenden.
Diese sielen häufig raubend und plündernd in das benachbarte Sachsenland ein.
Nachdem sich Heinrich nun ein kriegstüchtiges Heer ausgebildet hatte, zog er (927)
über die Elbe, die übermütigen Wenden zum Gehorsam zu zwingen. Eiligst zogen
sich diese in ihre Hauptstadt Brennabor zurück, wohin ihnen die Sachsen wegen der
vielen Sümpfe nicht folgen konnten. Schon triumphierten die Wenden. Plötzlich
trat jedoch Frost ein, und Heinrichs Scharen drangen auf dem Eise bis unter die
Mauern der Stadt vor. Nach kurzer Belagerung mußten sich die Wenden ergeben.
Sie verpflichteten sich, einen Tribut zu zahlen, und gelobten, sich taufen zulassen und
Christen zu werden. Zu ihrer Bewachung gründete Heinrich zwischen der Elbe, Havel
und Spree die Nordmark und setzte einen Markgrafen über dieselbe. Diese Nord¬
mark ist der Anfang des preußischen Staates geworden.
8. Sieg über die Ungarn. 933. Die 9 Jahre des Waffenstillstandes waren zu
Ende. Als nun wiederum die Gesandten der Ungarn erschienen, den Tribut ein¬
zufordern, verweigerte ihnen Heinrich denselben. Racheschnaubend zogen die Ge¬
sandten heim. Bald verkündeten brennende Dörfer den Einbruch der Ungarhorden.
Heinrich rief alle streitbaren Männer zusammen und stellte sich den Ungarn bei Riade
an der Ünstrut entgegen. Den Kriegern voran schwebte die Fahne mit dem Bilde
des Erzengels Michael. Als die Ungarn aber die dicht geschlossenen Reihen der
deutschen Reiter erblickten, jagten sie eiligst davon, so daß nur wenige von ihnen ge¬
tötet oder gefangen genommen werden konnten. In dem Lager der Ungarn fand man
außer den geraubten Schätzen eine große Anzahl gefangener Deutsche, die nun plötz¬
lich frei wurden. — Das ganze Volk begrüßte Heinrich als den Retter des Vater¬
landes und dankte Gott für den herrlichen Sieg. — So hat Heinrich mit seinem
neugeschaffenen Heere die Feinde des Reichs vertrieben, die Grenzen des Landes er¬
weitert und befestigt und seine königliche Macht nach innen wie nach außen zur
Geltung gebracht. Nicht mit Unrecht nennt man ihn daher den „Begründer des
deutschen Kaiserreichs".
11. (Diso der Grofte. 936-973.
1. Krönung. Nach dem Tode Heinrichs versammelten sich die Fürsten und
wählten seinen Sohn Otto einstimmig zum Könige. Bald daraus begab sich derselbe
nach Aachen, um sich in der alten Kaiserburg Karls d. Gr. krönen zu lassen. Hier
Ützte er sich auf den marmornen Thron Karls d. Gr. und empfing von den Fürsten
den Huldigungseid. Alsdann begab er sich in den Dom; daselbst überreichte ihm der
Erzbischof von Mainz das Königsschwert, den Mantel mit goldenen Spangen und
das Zepter, salbte ihn mit Ol und setzte ihm die Krone aufs Haupt. Bei dem Fest¬
mahle bedienten ihn Herzöge. Der Herzog Eberhard von Franken war der Truchseß
und stellte die Speisen auf den Tisch; der Herzog von Schwaben diente als Mund-