Full text: Realienbuch (Teil 3)

82 Geschichte. l 
rakter war er gutmütig und milde und wurde deshalb von seinem Volke aufrichtig 
geliebt. Bei Beginn seiner Regierung erhob er seinen Erzieher, den trefflichen Dankel⸗ 
mann, zu seinem ersten Ratgeber und ver— 
waltete sein Land in der sparsamen Weise 
seines Daters Da er aber von großem 
Ehrgeize erfüllt war, wollte er es bald dem 
prunkliebende Franzosenkönige Ludwig XIV. 
gleichtun. Als Dankelmann ihm über die 
wachsenden Ausgaben der hofhaltung Vor— 
stellungen machte, fiel er in Ungnade, und 
ein andrer Katgeber, der sich durch Schmei— 
chelei Friedrichs Gunst erworben hatte, trat 
an seine Stelle. Nun folgte am hofe ein 
prächtiges Fest auf das andre. — Als Lud— 
wig XIV. den 3. Kaubkrieg gegen Deutschland 
begann, zog Friedrich III. wie einst sein 
Vater an den Khein, und seine Truppen 
nahmen den Franzosen die von ihnen besetzte 
Stadt Bonn wieder weg. Der Krieg wurde 
jedoch vom Kaiser ohne Eifer betrieben, so daß 
Friedrich I. Cudwig XIV. beim Friedensschlusse Straßburg 
und andre geraubte Keichsstädte behalten konnte. 
2. Friedrich wird König in Preußen. Friedrich besaß unter allen deutschen 
Reichsfürsten nächst dem Kaiser das größte Landgebiet, und Brandenburg genoß seit 
der Zeit seines Vaters hohes Ansehen. Als nun der RKurfürst von Sachsen, dessen Macht 
der brandenburgischen nachstand, König von Polen wurde, erwachte in Friedrich der 
glühende Wunsch, ebenfalls die Königswürde zu erlangen. Als deutscher Reichsfürst 
konnte er es nicht, da es in Deutschland nur einen König gab, nämlich den Kaiser— 
Friedrich war aber zugleich unabhängiger herzog in Preußen, das nicht zum Reiche 
gehörte. Dort war seine Erhebung zum Könige möglich; freilich mußte der deutsche 
Kaiser ihn als König anerkennen. Der Kurfürst scheute am hofe zu Wien weder Mühe 
noch Kosten, um die Zustimmung zu erhalten. Endlich willigte der Kaiser ein, und Fried— 
rich versprach dafür, ihm in dem spanischen Erbfolgekriege (6. 79) 8000 Mann Truppen 
zu senden. — Nun zog der Kurfürst mit einem großen Gefolge, zu dessen Fort— 
schaffung mehr als 300 Wagen gebraucht wurden, nach Königsberg. Im Saale des 
Schlosses, wo sich die vornehmsten Männer des Landes und die Stände des herzogtums 
Preußen versammelt hatten, war der Thron aufgeschlagen. Dort setzte Friedrich UIl. 
sich selbst und seiner Gemahlin am 18. Januar 1701 die Königskrone auf 
das haupt. Unter einem Thronhimmel, der von preußischen Edelleuten getragen 
wurde, im Purpurmantel und mit der Krone auf dem haupte, begab er sich dann nach 
der Kirche, wo die feierliche Salbung durch den Geistlichen stattfand. Mehrtägige öffent— 
liche Feste folgten auf die Krönung. Der Kurfürst nannte sich von nun an „Friedrich JL. 
König in Preußen“. Zum Andenken stiftete er den „hohen Orden vom schwarzen 
Adler“, der die Inschrift trägt: „Suum cuique“ d. h. „Jedem das Seine“. Für die 
Bewohner aller brandenburgisch-preußischen Lande kam nun der Name Preußen 
auf. — Dem Kaiser hielt der neue RKönig sein Versprechen treulich, und unter
	        
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