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gelang es nur wenigen Kaisern und auch nur ans kurze Zeit, ihr Ansehen
und ihre Herrschaft in Italien zu behaupten. Die Kulturarbeit im Osten
aber ruhte während dieser Kämpfe; sie wurde erst wieder aufgenommen durch
Heinrich den Löwen zur Zeit Friedrich Barbarossas.
2. Heinrich der Löwe und Albrecht der Bär. Während Friedrich
Barbarossa durch seine Kämpfe mit den lombardischen Städten beschäftigt war,
erwarb sich Heinrich der Löwe, Herzog von Sachsen und Bayern, große
Verdienste um die Verbreitung des Deutschtums. Er drang siegreich über
die untere Elbe und eroberte das Abotritenland und Pommern bis zur Oder.
Ten Westteil des Abotritenlandes vereinigte er mit Sachsen. Den Ostteil
behielten die slawischen Fürsten als Lehen; sie nannten sich später Herzöge
von Mecklenburg. Heinrich erkannte, daß er diese Länder nur halten könne,
wenn er dort Deutsche ansiedelte. Das eroberte Land war zum größten
Teil sein Eigentum; er übergab nun deutschen Unternehmern große Gebiete
als Lehen, und diese wieder traten kleine Gebiete gegen einen jährlichen
Pachtzins an deutsche Bauern ab. Sie rodeten die Wälder aus, machten
unfruchtbare Gegenden urbar und legten weite Sümpfe trocken; es entstanden
deutsche Dörfer und Städte. Die Dörfer wurden so angelegt, daß eine
einzige gerade Straße hindurchführte, an deren beiden Seiten die Gehöfte
lagen. Das sind die sogenannten deutschen Straßendörfer, die sich wesentlich
von den wendischen Dörfern unterscheiden. Während Heinrich der Löwe die
Länder an der unteren Elbe germanisierte, unterwarf und kolonisierte Albrecht
der Bär das Land an der Havel und Spree. Die Eingeborenen wanderten
nach Osten oder zogen sich in Sumpfgegenden zttrück, wie in den Spreewald,
wo heute noch Wenden leben. — Schlesien wurde durch die Piasten kolonisiert.
(Siehe Seite 33).
3. Der deutsche Ritterorden. (Siehe Seite 11.)
Auch in Böhmen ließen sich deutsche Ansiedler nieder; die böhmischen
Herrscher im 12. und 13. Jahrhundert gewährten ihnen Vorrechte, so daß
hier das Land kolonisiert wurde wie in den nördlichen slawischen Gegenden.
Prag war damals über die Hälfte deutsch; heute dagegen gehört nur noch
1U der Einwohner dem deutschen Stamme au; die übrigen sind Tschechen.
Weiter gingen die deutschen Ansiedler nach Mähren, Ungarn tiud bis nach
Siebenbürgen, wo sie immer noch ihre Nationalität treu bewahren. Das
Land an der Douait wurde bis Wien hin von Bayern aus kolonisiert. Vom
Donautal aus stieg die Kultur hinauf in die Alpeuländer Salzburg, Steier¬
mark, Kärnten uitd Krain. Damals ist das Deutschtum überall dahiit ver¬
breitet worden, wo heute die deutsche Zunge erklingt.
(Gebietszuwachs und Gebietsverluste des deutschen Reiches.
In dem Vertrage zu Verdun 843 tvaren 3 Reiche gebildet worden;
Ostfranken, Westfrauken und Italien. Italien zerfiel bald wieder durch Erb¬
teilung in 3 Reiche, nämlich Italien, die Provence tiud Lothringen (zwischen
Rhein ttud Maas bis zur Nordsee). Nach dem Aussterben der Karolinger