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3. Korps bei Vionville und Mars la Tour ganz unerwartet auf den Feind,
der nach Verdun ziehen wollte. Der General Constantin von Alvensleben
beschloß sofort den Angriff trotz der Übermacht des Gegners. Fünf Stunden
kämpften die tapferen Brandenburger mit dem Mute der Verzweiflung gegen
die ungeheure Übermacht, bis ihnen endlich das 10. Korps die ersehnte Hilfe
brachte. In der Stunde der höchsten Gefahr machte die Kavallerie der In¬
fanterie Luft: die Brigade Bredow (altmärkifche Ulanen und Halberstädter
Kürassiere) unternahm ihren berühmten Todesritt. Erst um 9 Uhr Abends
endigte die blutige Schlacht mit dem Siege der Deutschen. 16 000 Tote und
Verwundete lagen auf dem Schlachtfelde; aber der Erfolg wog die Opfer-
auf. Bazaine mutzte sich auf Metz zurückziehen und hatte nur noch eine
Stratze nach Nordwesten frei; auch diese wurde bereits am 17. August durch
frische deutsche Truppen bedroht.
Gravelotte-St. Privat. Bisher hallen sich alle Schlachten durch
zufälligen Zusammenprall mit dem Feinde entsponnen. Deutsche Tapferkeit
und Zähigkeit hatten stets den Sieg herbeigeführt. Für die Schlacht anl
18. August arbeitete Moltke einen genauen Angriffsplan aus. Deutsche Reiter
hattcu die Nachricht gebracht, datz die Franzosen auf dem Höhenzuge östlich
von Gravelotte eine starke Stellung bezogen hätten; doch fehlte jede sichere
Kunde über die Ausdehnung der französischen Stellung. Bazaine hatte sich
wirklich einschlössen, eine Schlacht anzunehmen. Mit etwa 165 000 Mann
nahm er eine äußerst starke Verteidigungsstellung auf dem Höhenrücken ein,
der sich östlich von der Schlucht des Mauce-Baches von St. Privat iin X
bis znm Gehölz de Vanx im 8 erstreckt. Die deutschen Korps waren in¬
zwischen alle bis auf das 2. herangekommen. Für den 18. August wurde
der Angriff besohlen. Steinmetz mit der 1. Armee bildete den rechten Flügel;
er sollte den Feind nur hinhalten, aber nicht scharf vorgehen. Die zweite
Armee unter Friedrich Karl sollte die Entscheidung herbeiführen; sie sollte
den rechten feindlichen Flügel umfassen, ihn zerschmettern und dadurch den
Feind nach Metz zurückwerfen. Leider'befolgte Steinmetz nicht die Weisung
Moltkcs. Durch sein ungestümes Draufgehen wurde mehrmals die Lage ans
dem preußischen rechten Flügel gefahrvoll. Auch als Abends noch die Pom¬
mern bei Gravelotte erschienen und auf die Höhen stürmten, konnte hier kein
Sieg errungen werden. Im Zentrum und auf dem linken Flügel wogte der
Kampf unentschieden bis gegen den Abend. Die französische Schlachtlinie
erwies sich weil länger, als man geglaubt hatte. Das Gardekorps und die
Sachsen mußten deshalb einen sehr langen Marsch zurücklegen, che sie den
rechten französischen Flügel erreichten. Nachdem beide Korps das Dorf
St. Marie aux Chtznes eingenommen hatten, marschierten die Sachsen auf
Roneourt zu; nach der Eroberung dieses Ortes sollten sie den Franzosen bei
St. Privat in die Seite fallen. Doch noch ehe sie herankamen, befahl der
Befehlshaber des Gardekorps einen allgemeinen Stilrnr ans St. Privat. Mit
wunderbarem Heldenmute stürmte die Garde die kahlen Höhen hinan; aber
ihre Verluste durch das feindliche Feuer waren furchtbar. Doch zurück gingen
die Zapfern nicht. Zwei Stunden lagen sic im feindlichen Feuer. Endlich er-