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8. Winter Wanderung. 
Nicht mir hab’ ich gebaut; 
dies Dach wird eines andern. 
Wer’s Glück hat, holt die Braut 
und kauft Brabant und Flandern. 
Ade, ade, du schmuckes Haus, 
ich greif zum Stab und zieh’ 
hinaus, 
muß weit und weiter wandern. 
2. Muß wandern kreuz und quer, 
durch Stadt und Dorf mich 
winden; 
mein Säckel wird so leer, 
und Wams und Stiefel schwinden. 
Ich hab’gebaut so manches Dach; 
das eigne Haupt zu bergen, mag 
ich nun kein Plätzchen finden. 
3. Kein Meister, der mich dingt, 
wo ich auch zugesprochen; 
der arge Winter bringt 
die langen Feierwochen. 
Die Welt wird still, die Arbeit 
ruht, 
ich armes heimatloses Blut 
muß rings vergeblich pochen. 
4. Schon streicht ein harter Frost 
auf dem bereiften Käsen, 
und scheltend kommt aus Ost 
ein Schneewind hergeblasen; 
die wilden Wanderschwäne 
schrei’n; 
ach Gott, wie bin ich gar allein, 
allein auf fremder Straßen! 
5. Doch Herz, dein Trost ist nah! 
Wenn jede Tür verschlossen, 
du zählst den Herrgott ja 
zu deinen Zunftgenossen. 
Der Meister, der die Kuppel baut, 
die sterndurchflammt dort oben blaut, 
der wird dich nicht verstoßen. 
Winternächte, 3. Ausl. 1887. A. Fitger. 
9. Ein geistlich Abendlied. 
(§S ist so still geworden, 
verrauscht des Abends N)ehn! 
Nun hört man allerorten 
der Engel Aiße gehn. 
Rings in die Tale senket 
sich Finsternis mit NIacht, — 
wirs ab, Herz, was dich kränket, 
und was dir bange macht! 
2. Ts ruht die Welt in schweigen, 
ihr Tosen ist vorbei, 
stumm ihrer Freude Reigen 
und stumm ihr Schmerzensschrei. 
Hat Rosen sie geschenket, 
hat Dornen sie gebracht, — 
wirf ab, Herz, was dich kränket, 
und was dir bange macht! 
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