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Streitroß in den Fluß, um hindurchzuschwimmen. Da riß ihn der Strudel 
hinab in die Flut. Als die Seinen ihn ans Land zogen, war er eine Leiche. 
Unermeßlicher Jammer erhob sich im Kreuzheer. Viele Kreuzfahrer zogen 
heim und brachten die Trauerkunde nach Deutschland. Man wollte nicht 
glauben, daß der gewaltige, geliebte Kaiser tot sei. Die Sage ließ ihn tief 
im Schoße des Kyffhäuser schlafen, von wo er wieder kommen sollte, um 
des Deutschen Reiches Herrlichkeit wieder aufzurichten. 
8 60. Die kaiserlose Zeit. Um die Mitte des 13. Jahr¬ 
hunderts starb der letzte Kaiser aus dem Hause der Hohenstaufen. Die 
deutsche Kaiserkrone kam in die Hand fremder Fürsten. Diese führten zwar 
den Kaisertitel, aber sie hatten keine Macht im Reiche. Das war die „kaiser¬ 
lose, die schreckliche Zeit" für unser Vaterland. Die Fürsten des Reiches 
schalteten und walteten nach Gutdünken. Sie schlossen Bündnisse miteinander 
gegen Ritter und Städte; die Ritter und Städte dagegen verbündeten 
sich gegen die Fürsten und gegeneinander. Es war vielfach ein Krieg aller 
gegen alle. Wer die stärkste Faust hatte, behielt schließlich Recht (Faustrecht). 
Die Ritter überfielen von ihren festen Burgen aus den Kaufmann, der mit 
seinen Waren durch die Lande zog. Sie beraubten ihn, warfen ihn ins 
Burgverließ und erpreßten großes Lösegeld von ihm. Ein Ritter sagte dem 
andern Fehde an, überfiel dessen Dörfer, raubte sie aus und verbrannte sie, 
verwüstete die Felder und trieb die Herden davon. Die unglücklichen Bauern 
standen dem wehrlos gegenüber. Am besten waren noch die Bürger der 
festen Städte daran. Sie hatten wenigstens Schutz hinter ihren Mauern. 
Freilich mußten sie diese nicht selten gegen Fürsten und Ritter in schweren 
Kämpfen verteidigen. 
8 61. Die Femgerichle. 1. Was sie waren. Wir wissen, 
daß Karl d. Gr. Gaugrafen einsetzte, die im Namen des Kaisers auch Gericht 
in ihrem Gau halten mußten. Der Graf war Vorsitzender im Gericht; die 
Richter (Schöffen) wurden aus freien Männern gewählt. Der Gerichtsplatz 
hieß Malstatt, später „Freistuhl". Die freien Männer, welche nicht Schöffen 
waren, bildeten den „Umstand". In Westfalen haben sich diese Gerichte am 
längsten gehalten. Sie hießen später Femgerichte. Schöffen konnten nur 
freie, makellose Männer werden. Fürsten, Ritter und Bürger suchten die 
Ehre, Freischöffen zu sein. Diese bildeten schließlich einen großen Bund, der 
seine Mitglieder in ganz Deutschland hatte. Der Bund hatte einen besonderen 
Gruß und eine heimliche Losung, d. h. wenige Worte, deren Sinn nur die 
Mitglieder wußten. Daher hießen sie auch wohl die Wissenden. An Gruß 
und Losung erkannten sie sich überall in der Welt. Die Gerichtsdiener 
hießen Fronboten. 
2. Wie die h. Feme richtete. Ein echtes Femgericht konnte nur 
auf der „roten Erde" Westfalens gehalten werden. Der oberste Freistuhl 
stand bei Dortmund. Die Feme richtete besonders schwere Verbrechen: 
Mord, Raub usw. Der Fronbote mußte den Angeklagten durch einen Brief 
mit 7 Siegeln laden. Am Gerichtstage traten Freigras und Schöffen am 
Freistuhl bei Hellem Tageslicht zusammen. Nur Wissende durften zugegen 
sein. Daher nannte man das Gericht „heimliches" Gericht. Vor dem Frei¬ 
grafen lag ein Schwert, das Zeichen der höchsten Gerichtsbarkeit, und ein
	        
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