62 
kunstloses Nest in hohlen Baumstämmen, in Viehställen oder unter 
dem Dache der Wohnhäuser und wölbt es oben zu, wie einen Sack, 
und das Weibchen legt bis sechs braungrau gefleckte Eier. Sobald 
die Jungen erwachsen sind, bauen sie abermals und wohl zum dritten- 
male. — Jetzt lebt er in allen Ländern der Erde, wohin sich der 
Ackerbau verbreitet hat, und vor etlichen Jahren nahm ein Schiff 
300 Spatzen mit nach Neu-Seeland zum Dienst gegen Raupen 
und andere Feinde der Obstpslanzungen. 
(Prc u ß, Kinderfreund.) 
69. Spatzenfeindschaft und Spatzenfrenndschaft. 
(* Von Lina Grafs.) 
Ihr unverschämten Spatzen hier. 
Hört auf zu räsonnieren. 
Sonst laß ich euch vor meiner 
Thür 
Als Bettler arretieren. 
Kaum seid ihr aus dem Ei heraus. 
Streift ihr schon ab die Windel 
Und zieht in alle Welt hinaus 
Als kleines Raubgesindel. 
Radieschen und das Erbsenbeet 
Sind Frühlings-Leibgerichte, 
Weshalb ihr auch als Räuber steht 
In der Naturgeschichte. 
So seid ihr überall bekannt 
In Stadt und Dorfes Mitten, 
Seid schlimme Bettler nur von 
Stand 
Und nirgends wohlgelitten. 
Und dennoch bin ich euch so gut. 
Euch kleinen muntern Dieben, 
Selbst wenn ihr mir auch Schaden 
thut. 
Muß ich euch herzlich lieben. 
Zwar flotte Sänger seid ihr nicht. 
Euch will kein Lied gelingen; 
Doch eu'r Gezwitscher hell und 
schlicht 
Scheint mir gar traut zu klingen. 
Wenn früh die Schwalben heim¬ 
wärts ziehn 
In Frack und weißer Weste, 
Im grauen Röcklein zieht ihr kühn 
In die verlaß'nen Nester. 
Wenn draußen Schnee im Felde 
liegt. 
Läßt keins die Flügel hangen; 
„Er ist — so zwitschert ihr ver¬ 
gnügt — 
Noch allemal vergangen!" 
Und wenn die Magd den Hühnern 
streut. 
Und wenu's den Entlein schmecket. 
Denkt ihr: „Hurra! jetzt ist es Zeit, 
Das Tischlein ist gedecket." 
Und kommt einmal die knappe 
Zeit, 
Da zwitschern meine Spatzen: 
„Was thut's, die Menschen haben 
heut 
Ihr Teilchen auch zu kratzen." — 
O, jagt mir nicht die Spatzen fort, 
Sie haben auch ihr Gutes; 
Zu jeder Zeit, au jedem Ort 
Da sind sie guten Mutes, 
Brosämleiu streut für sie hinaus. 
Weist sie nicht von der Thüre; 
Gott gab ja Brot für alle 
aus. 
Gönnt ihnen auch das Ihre. 
VI. 
Glück und Glas wie bald bricht das! Lasset uns Gutes thun und nicht 
müde werden! Unrecht Gut thut nicht gut, und böser Gewinn fährt schnell dahin. 
Einem Lügner glaubt niemand, auch wenn er die Wahrheit spricht. Biege den
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.