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an Kraft und Stärke, sondern ihm versagte die Natur auch fast jegliche Waffe.
Nur der Widder ist zum Kampfe bereit. Zwar sind seine hohlen, schneckenförmig
gewundenen Hörner zum Angriffe nicht geeignet, wohl aber vermag er mit der
harten Stirn manch kräftigen Stoß auszuteilen. — Aus dieser Kraft- und Wehr—
losigkeit erklären sich leicht viele Eigenschaften des Schafes, vor allem seine Gut—
mütigkeit und Furchtsamkeit. Es gehorcht willig dem Pfiffe des Schäfers und folgt
zuversichtlich dem vorangehenden Leithammel. Springt dieser über einen vorge—
haltenen Stock, so springt die ganze Herde nach, auch wenn kein Stock mehr da
ist. Man hat sogar Beispiele, daß die Herde dem Leithammel ins Wasser oder
in den Abgrund gefolgt ist. Jedes Geräusch erschreckt das Schaf. Die zuckenden
Blitze und der rollende Donner bringen es völlig außer Fassung. Mit der Furcht
vereinigt es die Einfalt. Bricht des Nachts Feuer aus, so ist meistens die
Herde nicht aus dem brennenden Stalle zu bringen; ost auch läuft sie blindlings
in die Flammen hinein, dem sicheren Feuertode entgegen. Dazu gesellt sich beim
Schafe eine staunenswerte Gedulb. Es erträgt Mißhandlungen aller Art und läßt
sich ruhig das Messer an die Kehle setzen. Auch bleibt es trotz seiner großen
Mutterliebe völlig ruhig, wenn ihm das blökende Lämmchen geraubt wird.
2. Nutzen. Am meisten nützt uns das Schaf durch seine Wolle. Die Schur
findet in der Regel im Juni statt, wenn die Tage schon recht warm sind. Vor
der Schur badet man die Schafe an einem warmen Tage in einem Teiche oder
Flusse, um die Wolle zu reinigen. Das Fleisch des Schafes ist saftig und wohl—
schmeckend und wird besonders gern in England gegessen. Aus den Gedärmen
des Schafes werden Violinsaiten gedreht, aus der Haut gerbt man Leder, und
aus den Klauen und Fußknochen kocht man Leim. (Über Drehkrankheit s. S. 1251)
3. Arten. Unter den vielen Arten des Hausschafes zeichnet sich vor allem
das Merinoschaf durch seine Wolle aus. Es war ursprünglich nur in Spanien
zu Hause, findet sich jetzt aber auch in vielen deutschen Schäfereien. Außer den
Merinoschafen wird gegenwärtig noch vielfach das englische Schaf gezüchtet, das
sich durch seine Fleisch- und Fettmenge auszeichnet. In der Lüneburger Heide
findet sich die kleine, schwarzbraune Heidschnucke. Sie hat ziemlich lange, aber
grobe Wolle. In Südrußland, der Türkei, in Kleinasien, Persien u. f. w. lebt das
Fettschwanzschaf. Es hat einen ungemein breiten und unförmlichen Fettschwanz,
der an 20 kg schwer witd. Bei einer Art wird dieser Schwanz so lang, daß
er nicht selten auf untergelegtem Rollwägelchen von dem Schafe fortgezogen werden
muß. Die „Vliese“ der Fettschwanzschafe sind sehr weich und hübsch gekräuselt
und werden als Pelzwerk in den Handel gebracht. Die der ausgewachsenen Schafe
heißen „Krimmer“, die der Lämmer „AMtrachan“.
4. Der Ilus
1. Wohnung. Farbe. Der Iltis oder Ratz ist ein rechter Räuber. Darum
schlägt er auch seine Wohnung da auf, wo es am meisten für ihn zu rauben gibt.
Da er junge Häschen, Feldmäuse und Frösche besonders liebt, so zieht er im
Sommer aufs Feld. Hier wohnt er in einer Erdhöhle. Um eine Wohnung zu
erlangen, würgt er einen Hamster oder ein Kaninchen und nimmt dann von
dessen Wohnung Besitz. Sobald gegen den Winler die Nahrung auf dem Felde
ausgeht, kommt er in die Nähe menschlicher Wohnungen. Klettern — wie sein
Vetter, der blutdürstige Marder — kann er n Er kriecht deshalb in einen
Holz⸗ oder Steinhaufen und richtet sich dort wohnlich ein. Am Tage schläft er
sehr fest. („Er schläft wie ein Ratz“) Aends dagegen geht er auf Raub aus.
Realienbuch A. dI. Naturgeschichte.)