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Volk. Mehrere verwandte Familien wählten sich ein Stück Land zu gemeinsamer
Besiedelung aus. Sie bildeten eine Sippe, d. h. einen Verband von Bluts¬
verwandten zu gegenseitigem Schutze und zur gemeinschaftlichen Benutzung des in
Besitz genommenen Landes (Acker, Weide, Wald, Heide, Moor, Fluß, Teich,
See). Dieses war also Eigentum der Sippe, nicht des einzelnen. Von
dem zur Bebauung geeigneten Lande wurde ein Teil (und zwar jährlich ein
anderer) in mehrere Felder (Kampe oder Gewanne) zerlegt und jedes mit einer
bestimmten Frucht bestellt. Jedes Feld wurde wiederum in so viel Streifen
zerlegt, als Familien zu der Sippe gehörten. Dann wurden die Streifen an
die einzelnen Familien verlost. Der Gesamtanteil jedes Gehöftes an den
gemeinsamen Feldern hieß Hube oder Hufe; er lag mannigfach zersplittert in
der ganzen Flur. Der Zufahrt wegen wurden für die Feldarbeiten bestimmte
Zeiten festgesetzt. Wald, Weide und Gewässer wurden nicht verteilt, sondern
gemeinsam benutzt. So war die Sippe eine Schutz-, Arbeits- und Wirt¬
schaftsgenossenschaft und bildete den Anfang des Gemeindewesens.
3. SlaalsverfaNung. Mehrere verwandte Sippen bildeten eine Hundert¬
schaft. (Das Wort „Hundert" bedeutet hier nur eine unbestimmte größere An¬
zahl von Mitgliedern.) An ihrer Spitze stand der Häuptling oder Fürst
(Vorderste). Aus mehreren Hundertschaften wurde eine Völkerschaft (Stamm,
Staat). Bei den ostgermanischen Völkerschaften stand an der Spitze ein König,
bei den westgermanischen ein Herzog, aber nur für die Dauer eines Krieges.
Die höchste Gewalt hatte bei allen Stämmen die Volksver¬
sammlung, Thing genannt, an der alle freien Männer bewaffnet teilnehmen
mußten. Sie fand an bestimmten Tagen (bei Neu- oder Vollmond) auf der
Mahl- oder Thingstätte statt, entschied über Krieg und Frieden, wählte die
Fürsten, Herzöge und Könige, übte die hohe Gerichtsbarkeit (S. 7) und sprach
die jungen Männer wehrhaft. Die Zustimmung gab man durch Waffengeklirr,
die Ablehnung durch Unruhe und Murren zu erkennen.
4. RriegsveickaNung. Alle waffenfähigen freien Männer waren wehr¬
pflichtig und bildeten den Heerbann. War der Krieg beschlossen, so wurden sie
aufgeboten, entweder durch Feuerzeichen oder durch den Heerpfeil, der durch
Boten von Hof zu Hof getragen wurde. Sie versammelten sich an einer be¬
stimmten Mahlstatt, die Mehrzahl zu Fuß, die Edeln meist zu Roß. (Die Ost¬
germanen, die als Nomaden zum Schutz ihrer Viehherden
beritten sein mußten, waren größtenteils Reitervölker.) Das
Heer war nach Sippen und Hundertschaften gegliedert und
stellte sich in der Form eines Keiles auf, an dessen
Spitze die Tapfersten standen. Mit furchtbarem Kriegs¬
geschrei („Schildgesang") und ohne kunstvolle Führung
drangen die Germanen im Sturmlauf geradeswegs auf
den Feind ein^>. Ihre Hauptwaffe war ein kurzer
Eschenspeer zu Wurf und Stoß, wovon man eine ganze
Axt von Stein. Anzahl mit in die Schlacht nahm. Außerdem führten sie
Keulen zum Schlagen und Werfen, Steinhämmer, Steinäxte, Schleudern, Bogen
und Pfeile. Schwerter, Helme und Harnische waren weniger in Gebrauch; nur