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Vaterländische Sagen. 
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zu ihrem Wirtshause zurück. Als sie von ungefähr an einem Wein¬ 
keller vorüberkamen, sahen sie, wie einige Schröter sich vergeblich be¬ 
mühten, ein Faß Wein, wohl sieben oder acht Eimer haltend, aus diesem 
heraufzubringen. Deshalb warteten jene, bis ihrer noch mehr dazu 
kämen. Doktor Faustus und seine Gesellen standen still und sahen zu. 
Da sprach Faust, der auch hier seiner Kunst wegen bekannt werden 
wollte, höhnisch zu den Schrötern: „Wie stellt ihr euch doch so täppisch 
an, ihr seid euer so viel und könnt ein solches Faß nicht zwingen! Sollte 
es doch einer wohl allein verrichten können, wenn er sich recht dazu 
schicken wollte!" Die Schröter waren über solche Rede sehr unwillig 
und warfen, weil sie ihn nicht kannten, mit harten Worten um sich, 
unter anderen: ,;Wenn Ihr denn besser wißt als wir, solch Faß zu heben 
und aus dem Keller zu bringen, so tut's in aller Teufel Rainen, uns 
aber laßt zufrieden!" 
Unter diesem Handel kommt der Wirt des Weinkellers herzu, fragt 
nach ihrem Streite und erfährt, daß der eine gesagt, es könne das Faß 
einer wohl allein aus dem Keller bringen. Deshalb spricht er halb 
zornig zu den Fremden: „Wohlan, weil ihr denn so starke Riesen seid, 
so begebt euch sogleich an die Arbeit: Wer unter euch das Faß allein 
aus dem Keller bringen kann, den: soll es gehören!" Doktor Faustus 
bat einige der Studenten, ihm, wenn es nötig werden sollte, zu be¬ 
zeugen, was soeben der Weinherr versprochen habe. Dann ging er 
hinab in den Keller, setzte sich recht breit auf das Faß, gleichwie auf 
einen Bock, und ritt damit zur großen Verwunderung aller Zuschauer 
wie auf einem Rosse die Kellertreppe hinauf. Darüber erschrak der Wirt 
gar sehr und wandte ein, daß dies nicht natürlich zugegangen sei. Er 
mußte jedoch sein Versprechen halten, wollte er anders nicht den Schimpf 
zusamt dem Schaden haben. Also ließ er das Faß Wein dem Doktor 
Faustus verabfolgen, der es denn seinen Gesellen und Zeugen zum besten 
gab. Diese ließen das Faß in das Wirtshaus schaffen, luden dahin noch 
andere gute Freunde und tranken, solange ein Tropfen Weins darin war. 
In Auerbachs Keller am Marktplatze zu Leipzig soll der Doktor 
dies Zeichen seiner Kunst getan haben. 
70. (75.) KyMusersagen. 
1. Friedrich Rotbart im Kyffhäuser. 
Brüder Grimm, Deutsche Sagen. 
Über der alten Kaiserpfalz Tilleda erhob sich einst die prächtige 
Kaiserburg Kysfhausen, von der nur noch ein viereckiger Turm übrig 
geblieben ist. Unter diesem sitzt mit seiner Tochter Utchen und seinem 
wunderlichen Hofstaate der Kaiser Friedrich Rotbart.
	        
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