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weshalb wir sie nicht verarbeiteten. Jetzt will ich dir’s sagen:
Die drei Bretter sind für mich, es sind wackre Bretter ohne Äste
und Würmer, und sie haben mir schon manchen guten Dienst im
Leben erwiesen und mich von mancher Dummheit abgebracht. Sie
gaben einen so schönen, hohlen Klang, und wenn man mit der
Faust daran schlägt, kann man dabei sich allerlei denken. Oft,
wenn mich der Zorn übermannen wollte oder der Neid oder die
Unlust, wenn ich zu viel Arbeit hatte oder zu wenig, hab’ ich
daran geklopft und mir das Reinige gedacht. Sie werden gerad
reichen zu meiner Länge — fünf Fuß drei Viertel. Mach dich
daran, Ludwig, aber das Heulen laß unterwegs und zu über¬
arbeiten brauchst du dich auch nicht, so sehr drängt's nicht!"
„0 Vater, lieber Vater!" schluchzte der junge Handwerker,
die zitternde Hand des Alten mit heißen Tränen benetzend. „Du
bist immer ein guter Sohn gewesen, Ludwig. Ich kann’s dir jetzt
wohl sagen, du bist meine Freude und mein Stolz. Gott wird
dir auch noch alles Glück, was du brauchst im Leben, geben —
aber deine Mutter und deine Schwester darfst du nie verlassen.
Stelle dir auch drei solche Bretter in den Winkel und schlag
stellenweise mit der Hand darauf; es ist ein Klang, der tief in die
Seele geht. Da kommt die Alte schon wieder; ruhig Blut, Mann,
wisch die Tränen ab, die Weiber werden sonst wunder denken,
was wir miteinander vorgehabt haben."
5. Mit ganz fröhlicher Stimme rief der tapfre Greis der
Frau Anna und der jetzt so bleichen Luise entgegen und ver¬
kündete ihnen, wie er sich augenblicklich recht wohl fühle. Die
alte Frau küßte die blinden Augen ihres Ehemannes und dankte
dem Himmel für den guten Mut, den ihr Johannes hatte. Luise
aber suchte fragend das Gesicht des Bruders, und dieser war
lange nicht genug Meister in der Verstellungskunst, um ihr alles
zu verbergen, was seine Seele bewegte.
Hart mußte Ludwig jetzt arbeiten, jetzt, wo Hammer und
Hobel dem Vater durch die Flammen aus den alten, bis dahin so
rüstigen Händen gerissen waren. Selten durfte der Sohn sich
einen Augenblick Ruhe gönnen, wenn er den Mangel yon dem
kleinen Haushalt fernhalten wollte, zumal da der Stolz 'der Familie
jede Hilfeleistung, welche die Freunde boten, fest zurückwies.
„Wir danken Ihnen aus vollem Herzen, Fräulein," sagte der Meister
Johannes zu dem Freifräulein von Poppen, „aber lassen Sie den
Jungen nur, 's wird eine gute Schule für ihn sein und ihm nützlich
fürs ganze Leben. Lassen Sie ihn sich rühren; er hat tüchtige
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