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21. Zwei Gespräche.
1. Es war ein heitrer Frühlingsmorgen. Ich stand im Dorfe
auf dem Kreuzwege, wo das kleine Brückchen rechts gleich in
die Schule führt, der größere Fußsteg aber links nach der
Königswiese sich fortschlängelt. Da hörte ich, wie zwei Knaben
folgendes zueinander sprachen:
„Guten Tag, Karl!" „Guten Tag, Michel!"
„Wo gehst du hin, Karl?" „In die Schule, Michel!“
„Ei was! In der Schule ist’s garstig, da muß man lernen,
draußen auf der Wiese sollst du einmal sehen, da ist es hübsch!
Komm, wir wollen spielen, Karl!"
„Am Abend, Michel, jetzt geh’ ich lernen. Ade!"
„Meinetwegen, geh du arbeiten, Karl, ich gehe spielen. Ade!"
2. Nach zwanzig Jahren stand ich in demselben Dorfe an
derselben Stelle. Es war ein böser, kalter Wintertag. Ein blas¬
ser, ärmlich gekleideter Mensch klopfte an der Tür des Schul¬
hauses an. Der Schullehrer, ein rüstiger, stattlicher Mann,
öffnete diese. Ich hörte die beiden folgendes sprechen:
„Guten Tag, lieber Herr!" „Guten Tag, lieber Mann!“
„Erbarmt Euch mein, lieber Herr!"
„Was verlangt Ihr denn von mir?"
„Arbeit, Herr! Ich will Euch die Schulstube fegen, ich will
Euch die Öfen heizen oder andre Dienste der Art tun. Nehmt
mich auf!"
„Könnt Ihr nicht noch andre Arbeit tun als die?" „Nein,
Herr!"
„Warum denn nicht?" „Ich hab' nichts gelernt!"
„Wie heißt Ihr?" „Ich heiße Michel, Herr!"
„Kommt herein, Michel, draußen ist’s heute garstig, in der
Schulstube ist’s schön. Da werdet Ihr hoffentlich auch noch jetzt
etwas lernen."
Sie gingen hinein, und die Tür ward wieder geschlossen. Der
um Arbeit bettelnde Mann wußte in jenem Augenblicke noch
nicht, wer der freundliche Schullehrer war. Wir wissen es besser.
Robert Reinick.
22. Sprichwörter und Sprüche.
1. Was ein Häkchen werden will, krümmt sich beizeiten.
2. Jung gewohnt, alt getan.