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62 Dritter Zeitraum. — § 22. Die Marianische Staatsumwälzung.
Konsul Marius selbst gegen seinen eigenen Anhang kämpfen.
Seine bisherigen Genossen werden durch Steinwürfe getötet.
Rücksichtslose Wiederherstellung der alten Zustände,
auch mit Hilfe der dem Amtsadel jetzt wieder versöhnten
Ritter.
Metellus kehrt aus der Verbannung zurück, Marius ver¬
lässt Rom.
II. Die Reformversuche des Drusus. Be¬
strebungen für Heilung der sittlichen und staatlichen Gebrechen
auch im Adel (Männer wie Metellus Numidicus, der Rechts¬
gelehrte Scävola).
Livius Drusus, Sohn des in gracchischer Zeit vom Adel
gewonnenen gleichnamigen Tribunen (§ 20, II. S. 56), betritt,
von aufrichtiger Vaterlandsliebe geleitet, die Wege der Grac-
chen. Er beantragt a) zur Linderung der Not des
Volkes:
1) erneute und reichlichere Getreideabgaben zu mässigen
Preisen,
2) Austeilung von (kampanischen und sizilischen) Län¬
dereien zur Anlegung von Kolonien;
b) zur Steuer des Rechtsmissbrauches, den die
Ritter in ihrer Stellung als Richter trieben,*)
3) Zurückgabe der Gerichte an den Senat unter Neuauf¬
nahme von 300 Rittern in diesen.
Die Anträge werden angenommen und anfangs vom Senat
gebilligt, bald aber auf Betreiben des dem Drusus verfein¬
deten Konsuls wegen einer Formverletzung bei Einbringung
für ungiltig erklärt.
Livius unterhandelt, um seinen Anhang zu verstärken,
mit den Bundesgenossen, denen er das Bürgerrecht (gleich
Gracchus) verschaffen will.
Er gewinnt grossen Anhang, wird aber von seinen Gegnern
des Hochverrats beschuldigt; sein Leben bedroht. Trotz
schützenden Geleites trifft ihn der Dolch des Meuchelmörders
auf offener Strasse vor seinem Hause.
Verbannung der Gesinnungsgenossen des Drusus.
III. Der Bundesgenossenkrieg. 91—88. Das
Verhältnis der Bundesgenossenschaft, anfangs gesuchter als
das der Bürgerschaft latinischen Rechtes, verschlimmert sich
in der Zeit der Adelsherrschaft immer mehr. Unbilligkeit in
*) Anklagen gegen redliche Beamte, die dem gewinnsüchtigen Treiben
der Ritter in den Provinzen Einhalt geboten u. a.