Drum wollen wir dir Liebe weih n
lind deines Ruhmes würdig sein.
72. Der brave Soldat.
Nach der Schlacht von N. (so erzählt ein General) fand
ich ans dem Kampfplatze einen jungen, verwundeten Krieger,
der seinem Ende nahe war. Mit freudiger Überraschung sah
ich, wie er ein kleines, kupfernes Kruzifix in den zitternden
Händen hielt und an die Lippen drückte, auf denen ein himm¬
lisches Lächeln schwebte. Seine halberloschenen Augen waren
zum Himmel gerichtet, und als ich näher trat, hörte ich deut¬
lich, daß er die Namen Jesus und Maria aussprach und
von seiner Mutter redete. Ich ließ gleich einen Arzt holen,
der die Wunden untersuchte und mir dann bedeutete, daß
keine Rettung mehr möglich sei. Wirklich verschied der Ver¬
wundete nach einigen Augenblicken. Der Tod verwischte
nichts von seiner Schönheit; Anmut ruhte auf seinem erbla߬
ten, blutigen Antlitz, und seine blonden Locken, obschon mit
Staub und Blut bedeckt, schienen die Stirn eines Engels zu
decken. In seinen Kleidern fand sich ein Rosenkranz, ein
kleines Gebetbuch mit einigen Heiligenbildern und ein nicht
ganz fertig geschriebener Brief an seine Mutter. Ich habe
den Brief aufbewahrt wie einen wertvollen Schatz und konnte
ihn nie ohne Thränen lesen. Er lautete also:
„Betrübe Dich doch nicht so sehr, Du liebe Mutter; ich
befiude mich wohl und bete unablässig zu Gott für Dich,
für meine Brüder und meine kleinen Schwestern. Sei nur
ganz ruhig; was meine Aufführung betrifft, so kann ich Dir
sagen, daß meine Oberen zufrieden mit mir sind, Nein,
meine gute Mutter, nie sollst Du erröten müssen über Dei¬
nen Eduard; mit Gottes Gnade wird er nie von dem Pfade
seiner Pflichten sich entfernen. Vor einigen Tagen hatte ich
das Glück, beichten und die heilige Kommunion empfangen
zn können; der Priester, der meine Beichte hörte, hat mir
sehr viele Liebe erwiesen. Er hat seine Mutter bei sich und
liebt sie zärtlich; aber mehr lieben als ich Dich liebe, nein,
das ist nicht möglich. Und wenn es Gott gefällt, so werde
ich nun auch bald, nachdem wir unserm Vaterlande den