Full text: Lesebuch für die Volksschulen des Fürstentums Schaumburg-Lippe

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So finden wir z. B. in der kaiserlichen Stadt Nürnberg seit dem 12. 
Jahrhundert das edle Geschlecht der Hohenzolleru in einem solchen 
Burggrafenamte. Städte, die als Herren keinen Vischof oder Fürsten, 
sondern nur den Kaiser hatten, wurden Reichsstädte genannt. Die 
eigentlich städtischen Angelegenheiten wurdest Won einem Schöffenkolle— 
gium oder einem Rate verwaltet, an deren Spitze Bürgermeister standen. 
Schöffen, Ratmänner, Bürgermeister gingen lange Zeit nur aus dem 
städtischen Adel hervor. Die Gemeinen aber wuchsen allmählich auch 
an Wohlstand und Bedeutung, die Frohnden wuͤrden abgelöst oder 
erlassen, und mit der zunehmenden Freiheit kam ihnen auch das Ver— 
langen, an der Verwaltung und Regierung der Stadt teil zu haben. 
Sie teilten sich, je nach den Berufsarten, in Zünfte (Brauer, Bäcker, 
Schlachter u. s. w.), die sich streng abgeschlossen hielten, keinen Um 
ehrlichen, (z. B. keines Henkers Sohn, keinen unehelicher Geburt, keinen 
wendischer Abkunft) unter sich duldeten und die gemeinsamen An— 
gelegenheiten ihres Gewerbes wahrnahmen. 
Mit dem 18. Jahrhundert sehen wir die Städte infolge des ein— 
träglichen Handels immer stattlicher emporblühen; höher und fester, 
mit Türmen und Zinnen versehen, erbhoben sich ihre Befestigungs— 
mauern; guch die Bürgerhäuser wurden bequemer und prächtiger auf— 
gebaut. Besonders aber wollte der fromme Sinn der Bürger Reich— 
tum und Macht durch Werke zu Ehren Gottes heiligen; deshalb wurden 
Kirchen mit bewundernswerter Schönheit gebaut, und noch heute sind 
sie mit ihren hochragenden Türmen der Schmuck unserer Städte. 
Die Zeit das höchsten Glanzes, in welcher sich das bürgerliche 
Leben in vollk. qagglichkeit entfaltlete, begann mit dem 15. Jahr— 
hundert. Der Wandel hätte trotz der wilden Zeiten einen immer 
größeren Aufschwung genommen und wurde durch die jährlich wieder— 
kehrenden Messen belebt. Zum Schutze desselben wurden gewaffnete 
Söldner gehalten, um Handelszüge zu decken und Friedensstörungen 
zu strafen; mehr noch“ waren“ die Bürger selbst in allen Ständen 
waffentüchtig und kampfbereit. Oft erwaͤrben die Städte bis wel un 
die Ferne hinaus Burgen, um ihre Landstraße zu schützen; ihr Weich— 
bild, selbst wenn es meilenweit sich dehnte, umfaßten sie mit Wall 
und Graben (einer Landwehr) und die Zugäuge in demselben sicherten 
sie durch Warten und Burgfriede (Türmes. 
Innerhalb der Mauern war der Raum beschränkt, doch waren 
die freien Plätze mit öffentlichen Gebäuden, vor allem auch mit präch— 
tigen Rathäusern geziert. Die Häuser kehrten meist den Giebel zur 
Straße und hatten einen auch nach innen — 
Stockwerke ragten über das oft massive Erdgeschoß ein wenig heraus, 
zierliche Erker sprangen noch weiter vor; das Gebälk ve Hauses 
praugte mit frommen Sprüchen und Schnitzwerk, die Ecken und Nischen 
mit Holzbildern, das Eingangsthor mit dem Wappenbilde des Geschlechts. 
Man wohnte beschränkt, doch nicht ohne Zier und Bequemlichkeit. 
Nur wenn in die engen, sich vielfach wendenden Gassen verwüstend 
eine Feuersbrunst schlug, oder über die dumpfe Luft die Pest sich 
lagerte — dann zeigten sich die Schrecken des städtischen Lebeus. —
	        
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