Full text: Geschichte und Geographie

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schmack die Stadt ihren Dom mit Strebepfeilern und ungeheuren 
Fenstern, die durch Glasgemälde geschlossen werden, mit hohen Spitz¬ 
türmen, deren kunstvolle Gliederung und durchbrochene Steinmetz¬ 
arbeit über alle anderen Türme gegen die Wolken ragen soll. Es äst 
ein riesiges Werk, berechnet auf die frommen Beiträge vieler Ge¬ 
schlechter. Der Meister, welcher den Plan gezeichnet, lebt nicht mehr, 
aber die Bauhütte, mit der er gearbeitet, pocht und meißelt unermüdlich ; 
wer weiß, ob die Enkel die Vollendung des Gebäudes schauen werden; 
denn das Leben wird teurer, die Genüsse mannigfaltiger, die Frömmig¬ 
keit geringer.... 
Der Morgen wird den Bürgern durch Geläut verkündet, und 
die Glocken der zahlreichen Gotteshäuser tönen fast den ganzen Tag 
hindurch, bald mahnt die eine, bald die andere zum Gebet und Kirch¬ 
gang. Ihr Ton ist dem Bürger herzlich lieb, er umklingt ihm 'das 
ganze Leben, wie er seinen Vorfahren getan; unten ändert sich un¬ 
ablässig der Menschen Treiben, von der Höhe ruft immer dieselbe 
Stimme, eifrig mahnend in hohem Klange oder in tiefen, langsamen 
Schwingungen das Ohr erschütternd. Wenn der Heimkehrende den 
Glockenklang seiner geliebten Stadt auf dem Felde hört, dann hält 
er still und betet. Darum ehrt der Deutsche seine Glocken wie lebende 
Wesen, er gab ihnen Frauennamen, den großen am liebsten die Namen 
Anna, Susanna, und er war geneigt, ihnen ein geheimnisvolles Leben 
anzudichten; denn sie läuten noch in versunkener Stadt, tief unter der 
Erde oder im Wasser, ja sie steigen dann zuweilen aus der Tiefe 
herauf bis an das Sonnenlicht. 
Die Stadt hat ihren Markttag; an: Rathause ist die rote Fahne 
ausgefteckt; so lange sie hängt, haben die fremden Verkäufer das 
Marktrecht. Zu allen Toren ziehen die Landleute der Umgegend 
herein, auch die Landbäcker und Metzger, welche heute an besonderen 
Plätzen feilhalten dürfen. Auf Ständen, Tischen, in Krambuden und 
den Stadtbänken sind die Waren ausgelegt; das kleine Handwerk 
der Stadt zeigt heut' im Gewühl der Fremden und Einheimischen, 
was der Fleiß des Bürgers in der Woche geschaffen. — 
Hundert Geräte und Erfindungen, die wir noch heut' gebrauchen, 
waren auf dem Stadtmarkt des vierzehnten Jahrhunderts feil und 
hundert andere Formen des Schmucks, der Kleidung und des Haus¬ 
rats, die uns fremd geworden sind, und die wir erst deuten müssen.
	        
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