Full text: Lesebuch für Volksschulen

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139. Ziethen. 
1. Der große König wollte gern seh'n, waS seine Gen'rale wüßten; da 
ließ er an alle Briefe ergeh'n, daß sie gleich ihm schreiben müßten, was jeder 
von ihnen zu thun gedenkt, wenn der Feind ihn so oder so bedrängt. 
2. Der Vater Ziethen, der alte Husar, besah verwundert den Zettel. „Der 
König hält mich zum Narren wohl gar, (so flucht er) waS soll mir der Bettel; 
Husar, das bin ich, Potz Element! kein Schreiber oder verpfuschter Student." 
3. Da macht er auf einem Bogen Papier einen großen Klex in der Mitten, 
rechts, oben, links, unten, dann Linien vier, die all' in dem Klexe sich schnitten, 
und jede endete auch in 'nem Klex. So schickt er den Bogen dem alten Rex. 
4. Der schüttelt den Kopf gedankenvoll, fragt bei der Revue dann den 
Alten: „Zum Schwerenoth, Ziethen! ist Er denn toll? Was soll ich vom 
Wische da halten?" Den Bart streicht sich Ziethen: „Das ist bald erklärt, wenn 
Euer Majestät mir Gehör gewährt. 
5. Der große Klex in der Mitte bin ich, der Feind einer dort von den 
Vieren, der kann nun von vorn oder hinten auf mich, von rechts oder links 
auch marschiren. Dann rück' ich auf einem der Striche vor und hau' ihn, 
wo ich ihn treffe, auf's Ohr." 
6. Da hat der König laut auf gelacht und bei sich selber gemeinet: „Der 
Ziethen ist klüger, wie ich es gedacht, sein Geschmier sagt mehr, als es scheinet. 
Das ist mir der beste Reitersmann, der den Feind schlägt, wo er auch rückt 
heran." Fr. v. Sallet. 
149. Die Knabeu im Walde. 
Zween Knaben liefen durch den Hain 
Und lasen Eichenreiser auf 
Und thürmten sich ein Hirtenfeu'r, 
Indeß die Pferd' im fetten Gras' 
Am Wiesenbache weideten. 
Sie freuten sich der schönen Gluth, 
Die wie ein Helles Osterfeu'r 
Gen Himmel flog, und setzten sich 
Auf einen alten Weidenstumpf. 
Sie schwatzten dies und schwatzten das 
Vom Feuermann und Ohnekopf, 
Vom Amtmann, der im Dorfe spukt 
Und mit der Feuerkette klirrt, 
Weil er nach Anseh'n sprach und Geld, 
Wie's liebe Vieh die Bauern schund 
Und niemals in die Kirche kam. 
Sie schwatzten dies und schwatzten das, 
Vom sel'gen Pfarrer Habermann, 
Der noch den Nußbaum pflanzen thät, 
Von dem sie manche schöne Nuß 
Herabgeworfen, als sie noch 
Zur Pfarre gingen, manche Nuß! 
Sie segneten den guten Mann 
In seiner kühlen Gruft dafür 
Und knackten jede schöne Nuß 
Noch einmal in Gedanken auf. 
Da rauscht das dürre Laub empor, 
Und sieh', ein alter Kriegesknecht 
Wankt durch den Eichenwald daher, 
Sagt: Guten Abend! wärmet sich, 
Und setzt sich auf den Weidenstumpf. 
„Wer bist du, guter, alter^Mann?" 
„Ich bin ein preußischer Soldat, 
Der in der Schlacht bei Kunersdorf 
Das Bein verlor und leider Gott's! 
Vor fremden Thüren betteln muß. 
Da ging es scharf, mein liebes Kind! 
Da sauseten die Kugeln uns 
Wie Donnerwetter um den Kopf! 
Dort flog ein Arm und dort ein Bein! 
Wir patschelten durch lauter Blut 
Im Pulverdampf! Steht, Kinder, steht! 
Verlasset euren König nicht! 
Rief Vater Kleist; da sank er hin. 
Ich und zwei Bursche trugen flugs 
Ihn zu dem Feldscheer aus der Schlacht. 
Laut donnerte die Batterie! 
Mit einmal flog mein linkes Bein 
Mir unter'm Leibe weg! — „O Gott!" 
Sprach Hans und sahe Löffeln an 
Und fühlte sich nach seinem Bein; 
„Mein' Seel'! ich werde kein Soldat 
Und wandle lieber hinter'm Pflug; 
Da sing' ich mir die Arbeit leicht 
Und spring' und tanze wie ein Hirsch 
Und lege, wenn der Abend kommt, 
Mich hinter'm Ofen auf die Bank. 
Doch kommt der Schelmfranzos zurück, 
Der uns die besten Hühner stahl 
Und unser Heu und Korn dazu, 
Dann nehm' ich einen rothen Rock 
Und auf den Buckel mmr Gewehr; 
Dann komm nur her, du Schelmfranzos!" 
„Hans," sagte Löffel, „lang' einmal 
Die Kiepe her, die hinter dir 
Im Riedgras steht, und gieb dem Mann 
Von unserm Käs' und Butterbrot, 
Ich sammt' indessen dürres Holz: 
Denn sieh', das Feuer sinket schon." 
-->ölty.
	        
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