190 Die Neuzeit.
mark, von den Polen greulich verwüstet. Durch Vermittelung des
Kaisers schloß deshalb Friedrich Wilhelm mit Polen den Vertrag
zu Wehlau (östlich von Königsberg), in welchem nun auch Polen dem
Kurfürsten von Brandenburg die volle Landeshoheit im Herzog¬
tum Preußen zugestand. Karl Gustav schwur, Rache an dem Kur¬
fürsten zu nehmen; aber vom Kaiser, von Dänemark, Brandenburg
und Polen gedrängt, mußte er sich zum Frieden bequemen. Noch vor
Abschluß desselben ereilte ihn der Tod. In dem darauf abgeschlossenen
1660 Frieden im Kloster Oliva ward der Vertrag von Wehlau bestätigt.
Daß Preußen ein unabhängiges Herzogtum geworden, war für die
Entwickelung des brandenburg-preußischen Staates ein großer Gewinn.
Der Kurfürst hatte sich in diesem Kriege als Feldherr uud Staats¬
mann solchen Ruhm erworben, daß er fortan in den europäischen An¬
gelegenheiten eine bedeutsame Rolle spielte.
Zunächst mußte der Kurfürst allerdings, bevor er in Preußen
unabhängig wurde, einen erbitterten Kampf mit den preußischen
Ständen führen, die unter Polen große Vorrechte besessen hatten
und jetzt von dem Kurfürsten verlangten, er solle ihnen seine Ver¬
ordnungen zur Bestätigung vorlegen. Aber der Kurfürst brach jeden
Widerstand mit unerbittlicher Strenge zum Heile des ganzen Landes.
b. Kamps am Rheine. Zu dieser Zeit herrschte in Frankreich
Ludwig XIV. in unbegrenzter Willkür; alle Rechte des Volkes trat
er mit Füßen. An seinem Hofe zu Versailles (spr. Wärßa'i) herrschte
Pracht, Üppigkeit und Unsittlichkeit, und die meisten deutschen Fürsten
ahmten ihm nach. Friedrich Wilhelm machte eine rühmliche Aus¬
nahme; ihm ist es auch hauptsächlich zu danken, daß Ludwig XIV.
nicht zum deutschen Kaiser gewählt wurde, wie er auch der einzige
deutsche Fürst gewesen ist, der auf treuer Wacht gestanden hat, um
den räuberischen Nachbar von Deutschlands Grenzen fernzuhalten.
Ludwig machte nämlich unberechtigte Erbanfprüche an die spanischen
Niederlande und eroberte die Freigrafschaft Burgund. Da zwang ihn
ein Bündnis zwischen England, Holland und Schweden zum Frieden.
Sein Zorn hierüber richtete sich hauptsächlich gegen Holland. Schlau
wußte er England und Schweden auf seine Seite zu ziehen; auch
Friedrich Wilhelm suchte er zu gewinnen; dieser aber fühlte sich durch
Bande des Bluts, der Religion und der Freundschaft, sowie auch durch
Staatsrücksichten zu den Dräniern hingezogen und schloß ein Bündnis
mit Holland. Kaum waren die Franzosen in Holland eingefallen, so
ergriff Friedrich Wilhelm die Waffen zum Schutze des bedrohte»
Laudes; ihm folgten dann der Kaiser uud andere deutsche Fürsten.
Ludwig XIV. wußte aber wohl, daß Friedrich Wilhelm sein gefähr¬
lichster Gegner war; deshalb veranlaßte er die Schweden zu einem
Einfalle in Brandenburg. Der Kurfürst empfing die Nachricht von
ihrem Einfall sehr gelassen. „Die Schweden sind in die Mark ein¬
gefallen," sprach er, „auf die Art könnte ich ganz Pommern erhalten!"