18. Die Tanne.
17
jähre einen Sprößling empor, den man leicht an seiner
hellgrünen Farbe erkennen kann, und dann hört sie für den
übrigen Teil des Jahres zu wachsen ans. Auch darin
unterscheidet sich die Tanne von dem Laubholze, daß ihre
Äste in Quirlen rund um den Stamm stehen. Wenn man
eine junge Tanne aufmerksam beobachtet, so bemerkt man
am Ende des ersten Jahres auf der Spitze des zarten
Stämmchens eine kegelförmige Knospe, von welcher ein
Quirl junger Äste ausgeht. In der Mitte derselben erhebt
sich wieder ein senkrechter Trieb, der sich anschickt, für das
nächste Jahr den Stengel fortzusetzen. So kann man an
dem Tannenbaume die Zahl seiner Jahre aus der Zahl der
Astquirle am Stengel erkennen.
Die Frucht der Tanne ist unansehnlich. Harzige Holz¬
schuppen reihen sich um einen Zapfen, wie die Schiefer um
einen Turm; eine bedeckt zur Hälfte die andere und diese
wieder die folgende. Unter jeder solchen Schuppe liegen
ein paar Samenkörner. Diese behält der Tannenzapfen
den ganzen Winter bei siclp Die dichte Lage der harzigen
Schuppen läßt weder Regen noch Schnee, weder Kälte noch
Wind hindurch. Kommt aber der Frühling, so richten sich
alle in die Höhe. Ans hundert Thoren fallen die Samen¬
körner wohl erhalten heraus, und da jedem ein Flügelchcn
wuchs, so kann sie der Wind über Berg und Thal treiben.
Wo der dürre Sandboden keine anderen Bäume mehr
duldet, da bereitet die Tanne dem Menschen eine Wohn¬
stätte, dem Reh eine Heimat, dem Vogel einen Lustwald.
Und wo die Berge zu den Wolken aufsteigen, da klettert
die Tanne hinauf und bietet dem Adler den Horst für seine
Jungen. Selbst noch da, wo heftige Stürme und schneidende
Kälte die Pflanzenkeime ersticken, bietet sie allem Sturm
trotz. Kein anderer Baum bildet so zahlreiche Wälder wie
die Tanne.
Von den Stämmen der Tanne bauen die Menschen
ihre Häuser; mit ihren Brettern umkleiden sie die Wände,
Lesebuch für die 5., 6. u. 7. Klasse der Volksschule. I. 2