Full text: Lesebuch für die 5., 6. u[nd] 7. Klasse der Volksschule

18. Die Tanne. 
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jähre einen Sprößling empor, den man leicht an seiner 
hellgrünen Farbe erkennen kann, und dann hört sie für den 
übrigen Teil des Jahres zu wachsen ans. Auch darin 
unterscheidet sich die Tanne von dem Laubholze, daß ihre 
Äste in Quirlen rund um den Stamm stehen. Wenn man 
eine junge Tanne aufmerksam beobachtet, so bemerkt man 
am Ende des ersten Jahres auf der Spitze des zarten 
Stämmchens eine kegelförmige Knospe, von welcher ein 
Quirl junger Äste ausgeht. In der Mitte derselben erhebt 
sich wieder ein senkrechter Trieb, der sich anschickt, für das 
nächste Jahr den Stengel fortzusetzen. So kann man an 
dem Tannenbaume die Zahl seiner Jahre aus der Zahl der 
Astquirle am Stengel erkennen. 
Die Frucht der Tanne ist unansehnlich. Harzige Holz¬ 
schuppen reihen sich um einen Zapfen, wie die Schiefer um 
einen Turm; eine bedeckt zur Hälfte die andere und diese 
wieder die folgende. Unter jeder solchen Schuppe liegen 
ein paar Samenkörner. Diese behält der Tannenzapfen 
den ganzen Winter bei siclp Die dichte Lage der harzigen 
Schuppen läßt weder Regen noch Schnee, weder Kälte noch 
Wind hindurch. Kommt aber der Frühling, so richten sich 
alle in die Höhe. Ans hundert Thoren fallen die Samen¬ 
körner wohl erhalten heraus, und da jedem ein Flügelchcn 
wuchs, so kann sie der Wind über Berg und Thal treiben. 
Wo der dürre Sandboden keine anderen Bäume mehr 
duldet, da bereitet die Tanne dem Menschen eine Wohn¬ 
stätte, dem Reh eine Heimat, dem Vogel einen Lustwald. 
Und wo die Berge zu den Wolken aufsteigen, da klettert 
die Tanne hinauf und bietet dem Adler den Horst für seine 
Jungen. Selbst noch da, wo heftige Stürme und schneidende 
Kälte die Pflanzenkeime ersticken, bietet sie allem Sturm 
trotz. Kein anderer Baum bildet so zahlreiche Wälder wie 
die Tanne. 
Von den Stämmen der Tanne bauen die Menschen 
ihre Häuser; mit ihren Brettern umkleiden sie die Wände, 
Lesebuch für die 5., 6. u. 7. Klasse der Volksschule. I. 2
	        
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