Full text: Lesebuch für die 5., 6. u[nd] 7. Klasse der Volksschule

74. Jerusalem. 
497 
74. Jerusalem, f 
Von kahlen Bergen und dürren Thälern umgeben, streckt 
sich Jerusalem einsam über eine hügelige Hochfläche. Wie 
in eine trostlose Gebirgswüste ist die Tochter Zion dahin¬ 
geworfen. Keine Herde wandelt auf dem Rücken dieser 
Berge, kein Wald noch Gebüsch begrünt diese Abhänge, kein 
Wasser durchrieselt die durstigen Thäler. Und doch ist das 
Gemüt beim Anblick dieser Stadt und Gegend von Rührung, 
Dank und Anbetung im tiefsten ergriffen. 
Die Kuppeln der Kirchen und Klöster, die Minarets 
der Moscheen ragen empor über das Gewirre der gleich¬ 
förmigen und unansehnlichen Häuser mit teils gewölbten, 
teils platten Dächern. Aus dem Hügel Akra fallen die 
Kuppeln der Kirche des heiligen Grabes in die Augen, weiter 
zur Linken der lang gestreckte Rücken des Berges Zion. 
In scharfen Umrissen zeichnet sich die Burg Davids am 
Himmel ab und nahe dabei leuchtet eine kleine, anmutige 
evangelische Kirche. Aus dem Thal Josaphat erhebt sich 
der berühmte Hügel Moriah, auf dem einst Salamos 
Tempel prangte, jetzt aber die Omars-Moschee mit ihrer 
mächtigen Kuppel steht. 
Unser erster Gang war durch die sogenannte Pilger¬ 
straße nach der Kirche des heiligen Grabes, einem weit¬ 
läufigen, vielfach zusammengesetzten Gebäude. Beim Eintritt 
durch das schöne Doppelportal sieht man in der Vorhalle 
auf einer kleinen Erhöhung die türkische Wache behaglich 
auf Polstern sitzen, Kaffee trinken und aus langen Pfeifen 
rauchen. Gradeaus füllt der Blick auf eine weiße, marmorne 
Fußplatte, welche den Ort bezeichnen soll, wo der Leichnam 
Christi gesalbet ward. Zur Rechten dieser Vorhalle erheben 
sich die Kapellen, welche den Felsen von Golgatha um¬ 
schließen. Der mittlere Teil der Kirche, das sogenannte 
Chor der Griechen, ist der ansehnlichste und zugleich prächtigste 
Raum. Drei Gitterthüren führen von da in die eigeut- 
Lesebuch für die 5., 6. u. 7. Klasse der Volksschule I. p 32
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.