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2. Als den nördlichen Eckpfeiler des Rotlagergebirges sieht man den
kahlen Astenberg an. Das ist der größte Riese unter den Bergen unseres
Heimatlandes. Steigt man zu der Hochfläche hinan, die sich auf feinem
Gipfel ausbreitet, so steht man, wie man genau gemessen hat, 838 m über
dem Spiegel des Meeres. In einer Höhe von 750 m liegen die höchsten
menschlichen Wohnungen in unserer Provinz; auch findet sich in dieser Höhe
noch eine Kirche, die des Dorfes Alt-Astenberg. Noch andere bedeutende
Berge umlagern den kahlen Astenberg, durch welche das Rotlagergebirge mit
dem Eggegebirge in Verbindung steht. Das trägt wohl seinen Namen von
den Spitzen und zackigen Felsen, die über seinen Kamm hinausragen, inanche
bis zur Höhe von mehr als 625 m. In nördlicher Richtung zieht es sich der
Länge nach durch den Kreis Brilon, dessen Hauptorte auf seinem breiten
Rücken liegen. So brauchen sich die Einwohner der Stadt Brilon nicht über
die Kälte zu wundern, die sie im Winter zu ertragen haben. Wohnen sie
doch fast 450 m über dem Meeresspiegel und weit über 300 tn höher, als die
Bewohner des Hellwegs!
An dem Astenberge liegen die Quellen der Ruhr und der Lenne nahe
beisammen. Jene entspringt bei Winterberg in einer Höhe von mehr als
656, diese am südlichen Abhange des Berges gar in einer Höhe von 812 m.
Beide Flüsse entfernen sich auf ihrem weitern Laufe immer mehr von einander;
indem sich die Ruhr nach Norden, die Lenne nach Süden umbiegt. Ihre
größte Entfernung mag wohl 5 bis 6 Meilen betragen. Dann aber nähern
sie sich wieder und vereinigen sich endlich am Fuße der Hohensyburg,
nachdem sie beide einen Weg von 18 Meilen zurückgelegt haben. Das Ge¬
fälle der Lenne hat bis dahin 720 m, das der Ruhr 564 m betragen.
Letztere setzt ihren Weg in westlicher Richtung noch 7 bis 8 Meilen weit in
unserer Provinz fort und tritt dann in die Rheinprovinz ein, wo sie nach einem
30 Meilen langen Laufe endlich bei Ruhrort in den Rhein mündet.
Wie nach Osten in den Kreis Wittgenstein, so sendet das Rothaar¬
gebirge auch nach Westen hin zahlreiche Ausläufer, die den weiten Raum
zwischen dem Siegerlande und der Lenne erfüllen. Die Seitenzüge des Egge¬
gebirges bedecken dagegen das große Dreieck zwischen Ruhr und Lenne.
Wir nennen die ganze Berglandschaft südlich von der Ruhr bis nach Wittgen¬
stein und Siegen das Süder- oder SauerlNNd. Dieser große Teil unserer
Provinz umfaßt die südlichen Bezirke des ehemals zum Erzbistum Köln ge¬
hörigen Herzogtums Westfalen und der Grafschaft Mark. Man unter¬
scheidet daher märkisches und kölnisches Sauerland. Einzelne Höhenzüge
haben wieder besondere Namen erhalten. So werden die beiden hohen Ketten,
welche die Lenne auf ihrem linken und rechten Ufer begleiten, das Lenncge
birge genannt. Der bedeutende Gebirgszug aber, welcher in der Richtung
von Osten nach Westen den südlichen Teil des Kreises Altena durchzieht,
heißt das Ebbegt'birgc. Sein höchster Punkt, die Nordhelle, erreicht die
ansehnliche Höhe von mehr als 650 m. An die rauhe Ebbe schließen sich
südlich die Seitenthäler der Bigge, nördlich die Berge und Hochflächen von
Lüdenscheid an, zwischen denen die Volme hinfließt. Lüdenscheid selbst liegt
gegen 430 m über dem Meere. — Auch noch über die Grenze der Rhein¬
provinz setzen sich die Bergzüge fort. Vergliche Höhen werden sie hier ge¬
nannt. Mitten durch sie schlängelt sich die Wupper hin, die auf einer kurzen
Strecke auch die Grenze unserer Provinz berührt.
Kehren wir wieder zu den Höhen von Brilon zurück, so fällt uns auf
der Karte gar bald die Möhne auf, die von hier aus nach Westen fließt und
der Ruhr entgegeneilt, welche sie bei Neheim erreicht. Mit ihrem Haupt-
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