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St. Privat (18. August) wurde dem französischen Marschall auch dieser
Weg abgeschnitten. Die preußischen Garden, die Pommern und die Sachsen
kämpften hier mit heldenmütiger Tapferkeit. Als am Abend das Dorf
St. Privat im Sturm genommen war, meldete Moltke dem König: „Majestät,
der Sieg ist unser; der Feind ist aus allen Stellungen geworfen." Inder
Nacht zogen sich die Franzosen hinter die Festungswerke von Metz zurück.
Diese Kämpfe hatten furchtbare Opfer gefordert; 40000 deutsche Krieger
lagen tot oder verwundet auf den blutgetränkten Schlachtgefilden um Metz.
Was aber erreicht werden sollte, das hatte die deutsche Heeresleitung erreicht:
die französische Hanptarmee war in Metz eingeschlossen. Prinz Friedrich Karl
belagerte die Festung mit dem größten Teil der ersten imb zweiten Armee;
ans den übrigen Truppenteilen wurde die Maasarmee gebildet, deren Kom¬
mando der Kronprinz Albert von Sachsen erhielt.
Mac Mahon hatte sein geschlagenes Heer wieder gesammelt und durch
neue Truppen auf die Höhe von 150000 Mann gebracht. Da erhielt er
den Befehl, Bazaine zu befreien. Der Marschall suchte durch einen Ab¬
marsch nach Norden: die deutschen Heere zu umgehen. Darum mußte der
Kronprinz von Preußen in Eilmärschen nach Norden abschwenken und der
Kronprinz von Sachsen sich zwischen das Heer Mac Mahons und die
Festung Metz einschieben. Am 30. August gerieten die feindlichen Heere zum
erstenmal aneinander. Mac Mahon wählte nun für sein Heer vorzügliche
Stellungen bei Sedan. In den Häusern, in den Wäldern und Schluchten
wurde von Franzosen und Deutschen in der Morgenfrühe des 1. Septembers
mit großer Tapferkeit gekämpft. Um 3 Uhr nachmittags hatten die Deutschen
den Ring geschlossen; 240000 deutsche Soldaten standen ans den Höhen um
Sedan, und 600 Geschütze feuerten Tod und Verderben unter die Reihen
der Franzosen. In wilder Flucht wälzte sich das französische Heer der
kleinen Feste Sedan zu. Am Abend erhielt König Wilhelm von Napoleon
einen kurzen Brief: „Nachdem es mir nicht vergönnt war, in der Mitte
meiner Truppen zu sterben, bleibt mir nichts übrig, als meinen Degen in die
Hände Eurer Majestät zu legen." — „Der Kaiser gefangen!" Das
war ein Jubel unter den siegreichen deutschen Truppen, als dieser Ruf wie
ein Lauffeuer von Mund zu Munde ging; das war ein Dank- und Freuden¬
tag in allen deutschen Gauen, als es hieß: „Napoleon und sein Heer ge¬
fangen!" „Welch eine Wendung durch Gottes Fügung!" telegraphierte
König Wilhelm an seine Gemahlin (Gedicht von Gerok: Des deutschen
Knaben Tischgebet). Dem Kaiser Napoleon wurde das Schloß Wilhelms¬
höhe bei Kassel als Aufenthaltsort angewiesen; 84000 französische Soldaten
kamen in deutsche Kriegsgefangenschaft.
3. Der Krieg gegen das republikanische Frankreich. Nach der Schlacht