dem Hurra empfangen, wandte sich aus dem Wagen zu einer Knaben¬
schar und rief: „Jungen, hinter mir kommt Moltke!“ und brausender
Jubelruf begrüfste den grossen Feldmarschall.
Trotz aller Ehren aber blieb Moltke ein sehr bescheidener Mann.
Von seinen Thaten hörte er nicht gern reden. Er selbst sprach auch
wenig, weshalb man ihn wohl den „grossen Schweiger4; genannt hat.
Im Winter wohnte er in Berlin, im Sommer aber auf seinem Gute Kr eisau
bei Schweidnitz. So oft er hier ankam, empfing ihn die Schuljugend mit
Gesang, worüber er stets sehr erfreut war. Zum Danke dafür brachte
er jedesmal einige hübsche Bücher für die Schulbibliothek mit. Um die
Kinder zum Sparen anzuleiten, gründete er eine Schulsparkasse. Zura
Eintritt erhielt jedes Kind zehn Pfennig. Hatte es im Kaufe des Jahres
eine Mark gespart, so bekam es als Belohnung noch eine Mark vom
Feldmarschall dazu. Wenn die Kinder Schulfest hatten, so war er stets
zugegen, bewirtete die Kleinen mit Kuchen und Kaffee und erfreute
sich herzlich an ihren Spielen, ln seinem Park sah man ihn oft —
einfach wie ein Gärtner gekleidet — mit der Baumsäge und der Baum¬
schere Zweige absägen und beschneiden. Einen Regenschirm nahm er
nie, selbst bei dem heftigsten Regen nicht. Daher wurde er oft nass bis
auf die Haut; aber seiner Gesundheit that das keinen Schaden. 1891
entschlief er — sanft und ohne jede Krankheit — in Berlin. Sein Be¬
gräbnis war fürstlich. Selbst der Kaiser folgte seinem Sarge bis zum
Bahnhöfe. Die Leiche wurde in Kreisau beigesetzt. Naoh cyranka u.».
k. Wilhelm I. als Kaiser und Landesvater.
1. Wilhelm war ein Kriegsheld ohnegleichen. In allen seinen Kriegen blieb
der Sieg seiner Fahne treu. Aber nie zog er das Schwert, um Eroberungen zu
machen, sondern stets nur, um seine Rechte 511 verteidigen. Nicht durch Krieg,
sondern durch Frieden sein Volk zu beglücken, das war sein Wunsch und Wille.
Um seinem Volke den Frieden zu sichern, schloß er mit Östreich und Italien den
sogenannten „Dreibund". Als sicherste Bürgschaft des Friedens aber galt dem
Kaiser ein schlagfertiges Heer. Darum war er auch stets ans eine kriegstüchtige
Armee bedacht.
Deutschlands Schutz und Wehr
ist Kaiser Wilhelms Heer.
Von seinen Unterthanen wurde Kaiser Wilhelm geliebt, wie wohl selten ein
Fürst auf Erden, und mit Recht konnte man ihn „die Liebe und Wonne" seines
Volkes nennen.
2. Unablässig war der Kaiser darauf bedacht, das Wohl des Arbeiters zu
fördern. Ans seinen Wunsch wurden daher eine Versicherung der Arbeiter gegen
Unfälle und eine Kasse zur Unterstützung in Krankheitsfällen geschaffen. Die
geplante Einrichtung einer Alters- und In validen Versorgung hat er nicht
mehr erlebt. Dieselbe ist erst unter seinem Enkel, unserm jetzigen Kaiser, Wilhelm II.,
zur Ausführung gelangt. (Bergs. S. 141.)
3. Von früh bis spät war der Kaiser unausgesetzt thätig. Mit der größten
Gewissenhaftigkeit erledigte er alle Regierungsgeschäfte, und nur wenige Stunden
waren der Erholung gewidmet. Selbst im höchsten Alter gönnte er sich noch keine
Ruhe. Als ihm seine Ärzte einst rieten, sich doch täglich wenigstens eine halbe
Stunde auf dem Sofa auszuruhen, sagte er: „Sie haben gut reden, meine Herren,