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Das Königreich Preußen.
48. von bcr Verfassung des Landes. „Ordnung hilft Haushalten '
war der Wahlspruch Friedrich Wilhelm I. von Preußen. Wo Ordnung waltet
im Vaterhause, in Dorf, Stadt und Land, da läuft Alles zu einem guten Ziel.
Ordnungen und Einrichtungen gebieten der Pflicht und schützen das Recht.
Es erwächst alles Große aus dem Kleinen. Die kleinste innig ver¬
bundene Gemeinschaft ist die Familie. Viele Familien, die an einem Orte
zusammen wohnen, vereinigen sich zu einer Gemeinde; eine Anzahl Orts¬
gemeinden, die in bestimmter Entfernung zusammenliegen, bilden eine Kreis-
gemeinde oder einen Kreis, und viele Kreise umschließt zu einer Gemein¬
schaft der Regierungsbezirk. — Das Oberhaupt der Fainilie ist der Vater,
in Dorf und Stadt ist's der Schulze und Bürgermeister, auf dem Lande
auch bisweilen der Gutsherr, und auf königlichen Gütern (Domainen) der
Rentmeister; im Kreise ist es der Landrath, im Regierungsbezirk der
Regierungspräsident. Mehrere Regierungsbezirke bilden eine Provinz, dar¬
über ist ein Oberpräsident als Haupt gesetzt; aber des ganzen Landes
erhabenes Oberhaupt ist der König.
Des Königs erste und nächste Siaatsdiener sind die Minister. Dem
Kriegsminister ist die Sorge für das Heer und die Kriegsflotte vertraut,
und dem Iustizminifter die Rechtspflege. Der Minister der geistlichen
Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten hat die Verwaltung über
die Kirchen und Schulen so wie über die öffentliche Gesundheitspflege, der
Finanzminister über die Staatseinkünfte und Ausgaben, so wie über die
Staatsschulden. Der Minister des Handels, der Gewerbe und öffent¬
lichen Arbeiten hat auch das Postwesen, und Bergbau und die Eisenbahnen
unter sich, und der Minister der auswärtigen Angelegenheiten leitet
die Unterhandlungen mit den auswärtigen Regierungen. Der Ministerprä¬
sident hat den Vorsitz im Ministerrathe.
Nach Erforderniss hat auch jede Bezirksregierung ihre Abtheilungen
der Verwaltung. Eine Abtheilung sorgt für die Wohlfahrt und Sicherheit
des Landes, eine andere für Kirchen und Schulen, eine dritte für Domänen
und Forsten u. s. w. Für die Steuern sind in den meisten Provinzen
besondere Steuerdirektoren angestellt.
Für Rechtspflege sorgen die Gerichte. In Rechtssachen unterscheidet
man Civiljustiz, welche alles schlichtet, was nicht Vergehen und Verbrechen
betrifft, diese verfolgt und bestraft die Criminaljustiz. Dabeiist zu merken:
Jede Streitsache muss erst vor einem Kreisgerichte oder in großen Städten
vor einem Stadtgerichte verhandelt werden, und wenn Jemand sich bei
dem Spruche oder Erkenntnisse nicht beruhigen will, wendet er sich an das
Appellationsgericht und zuletzt an das Obertribunal in Berlin.
Der evangelische Obcrkirchenrath hat die obere Leitung der sämmt¬
lichen geistlichen Angelegenheiten in Lande. Ein Konsistorium und unter
ihm die Superintendenten führen in jeder Provinz die Aussicht über die
Geistlichen und die Ordnungen des Gottesdienstes, und ein Schulkollegium
verwaltet die höheren Schulen und hat überhaupt die Leitung des Schul¬
wesens. Der Oberpräsident hat den Vorsitz in beiden Kollegien so wie im
Medizinal-Kollegium; seine Obhut aber erstreckt sich über alle Angelegen¬
heiten der ganzen Provinz.