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Auf dem Festlande aber erscheinen Pflanzen und Thiere wie in einer
umgekehrten Welt. Die fruchtbarsten Landstriche finden wir nickt in den
Thälern und an den Flussmündungen, sondern in deren obern Laufe und auf
der Höhe; eä giebt Gegenden, wo nur eine Baum-, eine Pflanzen-, eine
Thierart vorkommt. Die Wälder sind gruppenartig wie Waldinseln zer¬
streut; so bilden auch die Wiesen keinen zusammenhängenden Grasteppich,
sondern treten inselartig aus. Während bei uns die Blätter der Bäume ihre
breite Fläche dem Lichte zukehren, richten sie in Neu-Holland ihre scharfe
Kante gen Himmel, weshalb den Wäldern der Schatten fehlt; ja nicht
wenige Bäume haben nur Blattstiele ohne Blätter. Viele Bäume werfen
nicht die Blätter, aber alljährlich die Rinde ab. Nahrungspflanzen fehlen
fast gänzlich. Unter den wenigen einheimischen Säugethieren ist das springende
Beutelthier, das Känguruh, das größte. Das Schnabelthier, ein
Vierfüßler mit Entenschnabel ist Neu-Holland eigenthümlich. Der neu¬
holländische Kasuar hat Haare statt Federn und nur Ansätze zu Flügeln.
Die Eingebornen Australiens zerfallen in zwei Stämme. Die Papuas
oder Australneger (Negritos), braunschwärzlich mit krausem schwarzen
Haar, glatten Gesichtern und breiten Nasen, sind fast stumpfsinnig und
können nur bis fünf zählen. Ihre Sprache vergleicht man mit Vogelge¬
zwitscher. — Auf den meisten australischen Inseln und auf Neu-Seeland
aber wohnt der Stamm der Oceanier, malayischer Race, hellgelb und von
schönem Körperbau. Ganz Australien hat etwa 2 — 3 Milk. Einwohner, sie
sind wild und grausam, Menschenfleisch ist ihre liebste Nahrung. Die Arbeit
der Mission an diesen Heiden und deren Verkehr mit den Europäern ist, be¬
sonders in Neu-Holland, ohne wesentlichen Einfluff geblieben.
1. Tahiti, gewöhnlich Otaheiti genannt, ist die Insel, auf welcher
die christliche Mission mit großem Erfolge wirkte. Tahiti besteht eigentlich
aus zwei runden Inseln, welche durch eine Landenge verbunden sind. Sie
gehört zu den lieblichsten Inseln des großen Oceans und hat ein sehr ge¬
sundes Klima. Die ersten Missionäre sandte 1797 die londoner Missions¬
gesellschaft hieher, doch misilangen die Bekehrungsversuche viele Jahre hin¬
durch, bis endlich König Pomare II., der bis dahin ein Wütherich sonder
Gleichen gewesen war, für das Evangelium gewonnen wurde; er starb 1821
mit dem Ausrufe: „Jesus allein!" Jetzt ist das Christenthum allgemein
angenommen: die meisten Einwohner können auch lesen und schreiben.
2. Neu-Seeland wurde anfänglich für eine Insel gehalten; Cook
entdeckte, daß die nach ihm benannte Straße dieselbe in zwei Inseln scheidet.
Die Nordinsel ist stark gegliedert und sieht wie eine roh gebildete Keule
aus, deren Stiel nach Norden gekehrt ist: die größere Südinsel hat fast
gar keine Gliederung, aber wie die Nordinsel an der Ostküste zahlreiche
Busen. Neu-Seeland hat milde Winter, kühle Sommer, häufige Nebel
und oft Orkane. ^ rx rx.
Die Europäer fanden hier einen schönen, kräftigen Menschenschlag,
kriegerisch, rachsüchtig, wild und grausam. Den Hauptschmuck ihrer Hütten
bildeten Köpfe von Freunden und Feinden, und die Engländer und Fran¬
zosen wurden anfänglich nach dem Fleischgeschmacke unterschieden. So fraßen
sie 1771 einen französischen Käpitän und 16 Matrosen. Englische Missionen
begannen seit 1814 das Evangelium zu predigen. Samuel Märsden,
Kaplan, dann Bischofs in Neu-Südwales, ist der erste Apostel von Neu