Full text: Preußischer Kinderfreund

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dass die armen Leute ihn mit Zuversicht erwarten würden, und 
wollte sie nicht vergeblich harren lassen. Er bat also seinen. 
Nachbar, einen wackern Landmann, der Familie das für sie 
Bestimmte zu überbringen. Dieser war sogleich bereit, und 
der General lieh ihm noch zur Erleichterung des Auftrages das 
Pferd, welches er gewöhnlich selbst ritt. — Der Landmann 
richtete zwar seinen Auftrag richtig aus, kam aber sehr spät 
wieder, und als er den General erblickte, war sein erstes Wort: 
„Das Pferd mag ich in meinem Leben nicht wieder reiten, 
wenn Sie mir nicht auch Ihren Geldbeutel mitgeben“. — Ver¬ 
wundert fragte der General, was er damit meinte, und erhielt 
zur Antwort: „So oft mir auf der Strasse ein armer Mann 
begegnete, den Hut hinhielt und um ein Almosen bat, stand 
das Pferd still und war nicht von der Stelle zu bringen, bis 
der Bittende Etwas erhalten hatte. Zum Unglücke bestand 
aber meine ganze Baarschaft in zwei kleinen Geldstücken. 
Nachdem ich diese ausgetheilt hatte, musste ich mich, so leid 
mirs that, stellen, als würfe ich den armen Leuten Etwas in 
den Hut, um nur das Pferd zu befriedigen“. — Das Pferd hatte 
sich also, da sein wohlthätiger Herr bei keinem Menschen vor¬ 
überritt, der ihm mit bittender Gebärde nahte, nach und nach 
daran gewöhnt, so lange still zu stehen, bis derselbe den Arm 
ausstreckte, welche Bewegung nöthig ist, um Jemandem vom 
Pferde herab Etwas zu reichen. psennigmagazin für Kiujer. 
82. Eine schöne Geschichte von einem Hirtenknaben, -er durch 
seine Höflichkeit zu hohen Ehren gelangt ist. 
Bei einem Dorfe in der Markgrasschaft Ankona lebten ein Paar 
arme Bauersleute, die hatten einen Sohn, der hieß Felix. Dieser 
Knabe hatte zwar einen guten Verstand, weil er aber sehr arm war, 
musste er die Schweine im Felde hüten. 
Felix war von seinen Eltern immer angehalten, gegen Jedermann 
gefällig, zuvorkommend und freundlich zu sein. Die andern Knaben 
im Dorfe verachteten aber den Schweinehirten und waren grob. 
Als Felix eines Tages seine Heerde hütete, kam des Weges ein 
Barfüßermönch, der durch den Wald einen Wegweiser begehrte. Weil 
es aber schlechtes Wetter war, so sagten die andern Knaben mit ihrer 
gewöhnlichen Grobheit: „Nein, ich gehe nicht'/' Da sprang Felix 
hervor, grüßte freundlich und bot sich zum Wegweiser an. ^ 
Da der Mönch unterwegs aus den klugen Antworten des Kna¬ 
ben einen guten Verstand wahrgenommen, hat er ihn mit sich in sein 
Kloster geführt und mit Bewilligung seiner Eltern in seinen ^rden 
aufgenommen. . 
Felix studirte jetzt fleißig, und ungeachtet er bald einer der getchr-
	        
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