Full text: [Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6] (Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6)

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durch, den Bergwald ; der Regen rann ans sie nieder, und der 
Wind trocknete ihnen die durchnässten Kleider. Am vierten 
Morgen zogen sie hei dem hölzernen Turmgerüst vorüber, welches 
an der Landesmark der Thüringe gezimmert war ; erstaunt sah 
der Wächter, der im Hofe daneben wohnte und sonst wenig 
um reisende Haufen zu sorgen hatte, auf die Fahrenden; diese 
aber riefen ihm laute Grüsse zu, denn er war, obgleich nur ein 
einsamer Waldmann, der letzte ihres Volkes. Von da durch¬ 
fuhren sie eine Stunde die Grenzwildnis, unfruchtbare Kies¬ 
höhen mit knorrigen Kiefern, wo niemals ein Siedler einen Hof 
gebaut hatte und selten der Schlag einer Axt erklungen war,, 
denn unheimlich lag der Strich, und schädliche Geister fuhren,, 
wie man sagte, die Grenze entlang, weil sie ausgeschlossen 
waren von dem Boden, den gute Volksgötter für die sesshaften 
Männer behüteten. Aber jenseit des Kieferwaldes sahen die 
Siedler von der Höhe freudig in ein weites Tal, das mit an¬ 
sehnlichen Hügeln und dichtem Laubwald eingefasst war. Dort 
zog sich in gewundenem Lauf der Idisbach durch die Wiesen, 
und am Fuss der Anhöhe lagen Höfe und geteiltes Ackerland. 
Lustig schien die Sonne über das helle Grün und das sprossende 
Laub; die Rosse schnoben, als sie die frische Talluft witterten, 
und die Rinder brüllten der Weide entgegen. Die Wanderer 
aber hoben die Arme flehend zu der Göttin auf, welche über 
dem Tal waltete und die Leben der Männer wohl zu behüten 
vermochte, wenn sie ihr lieb wurden. Freytag. 
81. Tic Cimbern und Teutonen. 
Im Jahre 113 vor Christi Geburt ward in der Stadt Rom die 
Kunde erzählt: In den steirischen Alpen steht ein Volk von Riesen und 
schüttelt die Waffen; es sind ihrer dreimalhunderttausend mit trutzigen 
Angen, so blau wie der welsche Himmel; Cimbern heißen sie sich- 
selber; weither von Mitternacht, wo es nie Frühling wird, sind sie 
gekommen; dort hat das Meer ihr Land verschlungen, und jetzt gelüstet 
es sie nach dem schönen Italien. Da war in Rom große Besorgnis, 
und in Eile führte ein Feldherr ein Heer gegen die Cimbern; er traf 
sie im heutigen Steiermark. Sie ließen ihm aber durch Gesandte sagen: 
„Wir sind nicht gekommen, um mit dir zu streiten; nach dem Lande 
Gallien wollen wir ziehen, drum laß uns ehrlich Frieden halten und 
gib uns Wegweiser." Der Römer versprachs, doch gab er ihnen 
falsche Führer und überfiel das fremde Volk in der Nacht, da es.
	        
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