Full text: [Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6] (Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6)

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der Weser und dem Rheine waren ihnen dem Anschein nach gänzlich 
unterworfen. 
Gegen das Jahr 9 nach Christi Geburt führte der römische Statt¬ 
halter V a r u s in Deutschland den Befehl. Er hielt schon auf römische 
Weise Gericht und, was die Deutschen am meisten aufbrachte, ließ 
nach römischer Sitte die Beile mit den Rutenbündeln vor sich hertragen, 
welche ein Zeichen seines Rechts über Leben und Tod und zu körper¬ 
licher Züchtigung sein sollten. Eine Züchtigung aber mit Schlägen wäre 
dem freien deutschen Manne die entsetzlichste Beschimpfung gewesen. Da 
regte sich der Groll der Deutschen, und sie dachten darauf, den zudring¬ 
lichen Fremdling los zu werden. 
Dennoch wurde der Unwille lange Zeit nicht laut, und Barns hielt 
die Herrschaft der Römer in Deutschland für fest begründet. Aber so 
dachte Arminius, ein edler deutscher Mann vom Volke der Cherusker, 
nicht. Das Joch eines fremden Volkes mit fremder Sprache und ver¬ 
dorbenen Sitten schien ihm so unerträglich, daß es unter jeder Bedingung 
abgeschüttelt werden müsse. Armin war eines cheruskischen Fürsten 
Sohn, von fürstlicher Gesinnung und an Gestalt und Tapferkeit ein 
wahrer Held. Er war als Knabe nach Rom gekommen und hatte die 
Römer mit ihrer Staats- und Kriegskunst sowie mit allen ihren Lastern 
genau kennen gelernt. Sein Haß gegen das verdorbene Volk, welches 
sich anmaßen wollte, freie Menschen zu Knechten zu machen und dazu 
mit seinen Lastern anzustecken, wurde unauslöschlich. Er kehrte zu seinem 
Volke zurück, begeisterte mit seiner Rede die übrigen Fürsten und An¬ 
führer desselben und trat an die Spitze des cheruskischen Bundes. In 
einer nächtlichen Versammlung im Walde schwuren seine Anhänger allen 
Römern in Deutschland den Untergang. So geheim indes das Unter¬ 
nehmen betrieben wurde, so wurde es doch dem Varus verraten. Aber 
Varus hielt die Deutschen für zu dumm und sich für zu mächtig, als 
daß er irgend eine Gefahr hätte fürchten müssen. 
Als der Herbst des Jahres 9 n. Chr. gekommen war, schritt Her¬ 
mann zur Ausführung seines Planes. Um Varus von seinem guten 
Lagerplatze weg in gefährlichere Gegenden zu locken, mußte ein ent¬ 
ferntes Volk einen Aufstand erregen. Varus brach gegen dieses auf. Die 
verbündeten Fürsten entfernten sich, zogen ihre schon bereit gehaltenen 
Haufen zusammen, verabredeten den Angriff, und als die Römer mitten 
in den Wildnissen des Teutoburger Waldes waren, brachen die Deutschen 
von allen Seiten aus sie los. 
Die Römer dachten an keinen Angriff; ohne Ordnung, mit vielem 
Gepäck, sogar mit einem Haufen von Frauen und Kindern zogen sie
	        
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