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Saale; das Volk der Sorben war es, welches das heutige Königreich
Sachsen wie auch das Vogtland besetzte. Die Saale wurde die Grenze
zwischen Sorben und Franken; denn die letzteren hatten im Anfang
des 6. Jahrhunderts dem großen Thüringerreich, das von der Donau
bis zum Harz reichte, ein Ende gemacht, und das Frankenreich dehnte
sich nun ostwärts bis zur Saale aus. Die Sorben besiedelten auch
unser Land; die zurückgebliebenen Deutschen wurden unterjocht und
verschwanden unter ihnen. Wir dürfen uns freilich nicht vorstellen,
daß das Land auch nur annähernd so angebaut und bevölkert gewesen
sei wie heutzutage. Weite Strecken waren mit Wald bedeckt oder dienten
als Viehtrift; nur spärlich war das Ackerland. Die höheren Teile des
Landes blieben meist unbebaut, da die Sorben sich in den Tälern
und den waldfreien Abhängen der Hochebene ansiedelten. Noch heute
sind ihre Niederlassungen an den Namen auf i tz wie Caaschwitz, Pohlitz,
Pöllwitz (auch Greiz und Schleiz) oder a wie Gleina, Otticha, Gahma
erkennbar. Ihre Dörfer waren im Ring angelegt: in länglichem Rund
standen die Häuser um den Dvrfteich, dem sie ihre Giebelseite zu¬
wandten, während Hofraum, Stallungen, Scheunen, Gärten sich nach
außen anreihten, von einer dichtgeflochtenen Hecke als einer Art Be¬
festigung umgeben. Das Wohnhaus war ein Blockhaus, aus unbe¬
hauenen Balken errichtet, einstöckig, von einem steilen Strohdach bedeckt.
Es bestand ursprünglich nur aus einem einzigen niedrigen Raum, der
keine Fenster hatte, sondern Licht und Luft nur durch das Rauchloch
empfing, das in der Mitte des Daches über dem großen steinernen
Herde angebracht war. Der Stubenboden, nur durch den festgetretenen
Lehmboden gebildet, lag in gleicher Höhe mit dem Hofe. Eine niedrige,
in der Mitte guer geteilte Tür führte in den dunkeln, rauchgeschwärzten
Raum. Das Hoftor, zur Seite des Hauses nach dem freien Dorf¬
platz hin gelegen, war überdeckt und mit einer kleinen Pforte versehen,
ähnlich wie noch heute oft in unsern Dörfern.
2. Die Sorben trieben Viehzucht und Ackerbau; sie verstanden sich
auch auf Leinen- und Wollweberei, denn sie trugen selbstgefertigte
leinene Unterkleider und wollene Oberkleider. Auch Handel trieben sie;
von der Ostsee nach Konstantinopel ging durch die slavischen Lande
eine Handelsstraße, auf welcher große Handelszüge verkehrten, und
Zwickau war ein stark besuchter Markt- und Handelsort. Sie waren
selbstverständlich Heiden und verehrten vielerlei Götter, von denen sie
sich die einen als gute weiße Götter des Lichts, die andern als böse
schwarze Götter der Finsternis dachten. Auf steinernen Altären in
Hainen oder Tempeln brachten ihre Priester nicht bloß Tier-, sondern