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Verschieden sind die Weisen, in welchen der Mensch die Kirschen ge¬
nießt. Er steht auf gleicher Stufe mit Star und Spatz, wenn er sie
frisch gleich vom Baume weg ißt; denn ob sie mit dem Schnabel oder
mit der Hand gepflückt werden, macht hier keinen Unterschied. Höher
steht er, wenn er sie als Zukost zu seinem Braten auf den Tisch bringt;
denn in diesem Falle muß er das Feuer zu Hilfe nehmen. Noch uni
eine ganze Sprosse höher steigt er, wenn er sie einmacht; denn dann
handelt es sich darum, der Macht der Fäulnis zu wehren, und es
gelingt ihm, auf eine Viertelstunde mitten aus dem rauhen Winter in
Sommers Anfang sich zu versetzen. Am höchsten ist er gekommen,
freilich aber auch der Gefahr, tief zu fallen, am nächsten, wenn er mit
Hilfe der Wissenschaft und der Kunst aus den Früchten Kirschbrannt¬
wein und Kirschwasser zu bereiten versteht. Nunkwitz.
193. Feinde des Apfelbaums.
Daß der Apfel gut schmeckt, weißt du; aber andere wissen dies
auch und meinen, der Apfel gehöre ihnen viel eher als dir, weil der
Apfelbaum ihr Vaterhaus und ihre Heimat ist. Der größte Feind
aller Kinder, welche die Äpfel gerne essen, ist die Obstmade. Sie ist
die Raupe des Apfelwicklers, einer Mottenart. Der kleine Schmetterling
ist etwa 11/a cm lang und unansehnlich grau gefärbt. Während des
Tages sitzt er ruhig in einem Verstecke, flattert aber beim Einbrüche
des Abends lebhaft um die Zweige des Apfel- und Birnbaumes, um
an deren junge Früchte seine Eier anzukleben. Die anskriechenden
Räupchen fressen sich sofort in die Früchte ein und ernähren sich
darinnen bis zu ihrer Verpuppung. Diese nehmen sie in den Rissen der
Baumrinde vor. Sowie die erwachsene Raupe einen sicheren Ort
aufgefunden hat, umgibt sie sich mit einem weißen, seidenartigen Ge¬
spinste. In diesem verbleibt sie während des ganzen Winters als Raupe
und verwandelt sich erst im nächsten Frühjahr zur Puppe, die bald darauf
ausschlüpft.
Gleich im ersten Frühjahre, wenn eben die Bäume ihre Knospen
öffnen, um Blüten und Zweigschossen zu entwickeln, stellt sich ein anderer
Feind des Apfelbaumes ein, der Zweigabstecher, dessen üble Ge¬
wohnheiten schon durch seinen Namen angedeutet sind. Er sieht schön
stahlblau aus und ist weich behaart. Anfangs begnügt sich der kleine
Käfer damit, in die jungen Blütenknospen oder in die hervorquellenden
Blüten mit seinem Rüssel feine Löcher zu bohren, um den Saft nebst
dem jungen Marke zu seiner Erquickung zu genießen. Seine eigentlichen