Full text: [Theil 2 = (6. Schulj.)] (Theil 2 = (6. Schulj.))

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und unerschütterlich wie seine Felsen. Das hatte die Macht der Idee 
gethan, die Allgewalt eines gereizten Volkes, das sich mit eigner Hand 
sein Recht und seine Freiheit wiederverdienen wollte. Diese That aber 
der Tiroler und Vorarlberger ist unstreitig eine der glänzendsten in 
der ganzen blutigen Geschichte während der napoleonischen Weltherrschaft, 
eine der glänzendsten in der ganzen alten und neuen Zeit; sie wird 
eben so neben den mörderischen Tagen in der Ebene von Leipzig, wie 
neben der glorreichen Aufopferung jener 300 Spartaner bei den Ther- 
mopylen fortstrahlen in ewigen Zeiten. Oesterreich hatte dabei gar 
wenig gethan; Hofer allein hatte den ganzen Aufstand geleitet; ein 
Theil des achten Armeecorps war gemächlich nach Tirol gekommen 
und hatte den Aufstand nur wenig unterstützt; und als die blutige 
Schlacht bei Wagram geschlagen und verloren worden war, zogen die 
Oesterreicher sich in stürmischer Eile zurück zur Rettung ihrer Haupt¬ 
stadt. 
Tirol war verlassen, hatte sich aber selbst noch nicht aufgegeben. 
Ohne das Feuer seiner Vaterlandsliebe zu verlieren, hatte Hofer in 
seiner Brust einen erschütternden Schmerz über dieses Unglück des 
Vaterlandes, den tödtlichen Gram eines in seiner Erwartung getäuschten 
Freundes der Freiheit. Als die zahllosen Massen der Franzosen, die 
glorreichen Sieger in der Schlacht bei Wagram, über Salzburg heran¬ 
zogen, und der Marschall Lefevre nach Tirol vordrang, und die 
Baiern schon wieder Innsbruck besetzt hielten, als die Freiheit wieder 
in Gefahr war, kamen Hofer und seine Tiroler mit den unsäglichen 
Schmerzen, aber auch dem immer neuen Muthe in den Herzen, wieder 
herunter von ihren Bergen, griffen kräftiger zu den Waffen und er¬ 
neuerten den Kampf mit größerer Kühnheit und Wuth; in ihre 
Schluchten und Berge lockten sie die Feinde, stürzten Felsblöcke auf 
sie herab, und es war, als fielen die Berge über sie her, und als 
ob die Hügel sie mit ihren Trümmern bedeckten. Hofer nahm von 
neuem Innsbruck und ward Obercommandant von Tirol. Das Land 
war abermals rein von den Feinden. Darauf verschlossen Hofer 
und seine Tiroler alle Zugänge zum Thal, verheerten die Landstraßen, 
brachen die Brücken ab und stellten sich ringsum auf ihre Felsen und 
Berge. Oesterreich aber schloß den Wiener Frieden, worin Tirol wieder 
Baiern zugesprochen wurde, und der Erzherzog Johann von Oesterreich 
sprach zu ihnen: „Kaiser Franz wünscht, daß ihr euch ruhig verhaltet 
und euch nicht zwecklos aufopfert!" Die Tiroler waren ruhig, 
aber sie fürchteten die Rache und Willkür der Feinde; und als sich 
daher die Feinde in ungeheuren Massen abermals über das verlassene 
und wehrlose Land ergossen, rief Hofer in dieser Noth seine Tiroler 
an und setzte trotz aller Entmuthigung den Krieg fort. Drei Tage 
lang vertheidigte er einen Paß am Passeyr mit 600 Mann gegen 
18,000 Feinde, zog sich von Schlucht zu Schlucht und von Felsen 
zu Felsen zurück; es wurden seiner Getreuen aber immer weniger, und sie 
unterlagen bald der Uebermacht der Feinde. Das war das Unglück 
und der Ruhm der Tiroler im Jahre 1809. 
Hofer zog sich mit blutendem Herzen zurück auf die unwirthbaren
	        
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