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da stand im groben Linnenkleid manch schlichtes Bürgerkind,
manch Söhnlein eines armen Knechts von Kaisers Hofgesind’.
3. Dann rief er mit gestrengem Blick die Faulen her, die Böcke,
und wies sie mit erhobner Hand zur Linken, in die Ecke;
da stand im pelzverbrämten Rock manch feiner Herrensohn,
manch ungezognes Mutterkind, manch junger Reichsbaron.
4. Da sprach nach rechts der Kaiser mild: „Habt Dank, ihr
frommen Knaben,
ihr sollt an mir den gnäd’gen Herrn, den güt’gen Vater haben;
und ob ihr armer Leute Kind und Knechtesöhne seid,
in meinem Reiche gilt der Mann und nicht des Mannes Kleid!“
5. Dann blitzt’ sein Blick zur Linken hin, wie Donner klang
sein Tadel:
„Ihr Taugenichtse, bessert euch, ihr schändet euern Adel;
ihr seidnen Püppchen, trotzet nicht auf euer Milchgesicht!
Ich frage nach des Manns Verdienst, nach seinem Namen nicht!“
6. Da sah man manches Kinderaug’ in frohem Glanze leuchten
und manches stumm zu Boden sehn und manches still sich feuchten;
und als man aus der Schule kam, da wurde viel erzählt,
wen heute Kaiser Karl belobt, und wen er ausgeschmält.
7. Und wie’s der grosse Kaiser hielt, so soll man’s allzeit
halten,
im Schulhaus mit dem kleinen Volk, im Staate mit den Alten, —
den Platz nach Kunst und nicht nach Gunst, den Stand nach
dem Verstand,
so steht es in der Schule wohl und gut im Vaterland.
Karl t. Gerok.
18. Klein Roland.
1. Frau Bertha saß in der Felsenkluft,
sie klagt’ ihr bittres Los;
klein Roland spielt’ in freier Luft,
des Klage war nicht groß.
2. „O König Karl, mein Bruder hehr,
o daß ich floh von dir!
Um Liebe ließ ich Pracht und Ehr’;
nun zürnst du schrecklich mir.
3. O Milon, mein Gemahl so süß,
die Flut verschlang mir dich.
Die ich um Liebe alles ließ,
nun läßt die Liebe mich.