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Hohenpriesters im Traume siegverheissend erschienen sei. Alexander hielt nun
an des Hohenpriesters Seite seinen Einzug in Jerusalem und besuchte den Tempel,
wo er Opfer spendete und die Priester beschenkte. Diese Nachricht mag ganz
oder theilweise der Sage angehören, so viel ist gewiss, dass Alexander sich den
Juden sehr wohlwollend zeigte: er gestattete ihnen, nach ihren Gesetzen zu leben
und erliess ihnen im Sabbatjahre die Abgaben. Aus Dankbarkeit nannten die Juden
alle im Laufe des Jahres geborenen Knaben Alexander. Als er später den von
Artaxerxes zerstörten Belustempel in Babylon wieder aufbauen und auch die
Juden, die in seinem Heere dienten, zu dieser Arbeit verwenden wollte, weigerten
sie sich Hand anzulegen; weder Drohung noch Strafe konnte sie bewegen, ein
Grundgesetz des Judenthums zu übertreten, so dass Alexander endlich jeden
fernem Zwang aufgab.
§ 2. Die Juden unter ägyptischer Herrschaft.
Nach dem Tode Alexander’s (323) theilten sich seine Feldherren in sein
grosses Reich. Laomedon erhielt Cölesyrien, zu dem auch Judäa gehörte;
aber schon im Jahre 320 wurde es ihm von Ptolemäus Lagi, der über Aegypten
herrschte, entrissen. Eingedenk des dem Laomedon geleisteten Huldigungseides
weigerten sich die Juden, sich dem Ptolemäus zu unterwerfen; aber an einem
Sabbat, an dem sie nicht kämpfen wollten, überfiel er Jerusalem, plünderte es,
machte viele seiner Bewohner zu Gefangenen und führte sie nach Aegypten.
Ptolemäus I. Lagi, auch Soter genannt, welcher nach mehrjährigem Kampfe
in den dauernden Besitz Judäa’s gelangte, behandelte die Juden sehr milde; er
hatte ein solches Vertrauen zu ihrer erprobten Treue, dass er sie zu wichtigen
Aemtern beförderte und sie als Besatzung in die Festungen legte. An der Spitze
der Juden stand der Hohepriester, der zugleich Statthalter und für die pünkt¬
liche Zahlung der jährlichen Steuer verantwortlich war. Die Hohepriesterwürde
wurde in der Folge sehr oft Gegenstand der Ränke und des Haders.
Viele Juden verpflanzte Ptolemäus Lagi nach Alexandrien und gewährte
ihnen Bürgerrecht, Religionsfreiheit und viele Privilegien. Auch Seleukus Nikator,
der über Kleinasien herrschte und eine neue Zeitrechnung einführte, die seleu-
cidische, welche besonders bei geschriebenen Verträgen (Minjan Schtarot) auch bei
den Juden lange in Gebrauch war, liess sie unter Bewilligung der Bürgerrechte
in seinen Staaten ansiedeln. So verbreiteten sie sich über Kleinasien, Aegypten,
Syrien, Lydien, Griechenland und Cyrene.
Dem Ptolemäus Lagi folgte Ptolemäus ü. Philadelphus,(283 246)
unter dem sich die Juden ebenfalls einer wohlwollenden Behandlung zu erfreuen
hatten; alle Diejenigen, welche sich aus der Zeit des vorigen Königs noch in
Gefangenschaft oder Sklaverei befanden, kaufte er auf Staatskosten los und
schenkte ihnen die Freiheit. Um auch die heiligen Bücher der Juden in seinei
Bibliothek zu haben, liess er auf Anrathen seines Bibliothekars Demetrius eine
griechische Uebersetzung derselben anfertigen. Diese Uebersetzung, gewöhnlich
die Septuaginta genannt, stand sowohl bei den Griechen wie bei den Juden in
grossem Ansehen, sodass jüdische und griechische Schriftsteller ihre Entsteliungs-