Object: Für untere Klassen (Abteilung 1, [Schülerband])

stück anregend, vorbereitend und erklärend Beziehungen auf ein 
vorhergehendes gibt oder auf ein folgendes eröffnet. Wo mit¬ 
unter zwei Prosastücke von verwandtem stofflichen Gehalt oder 
poetische Gegenstände in dem Reflex verschiedener Dichterstim¬ 
mungen nebeneinander gestellt sind, mag solches zugleich als An¬ 
regung des oft vernachlässigten Sinnes für Vergleichung benutzt 
werden. 
Der poetische Teil, dem es nicht zum Vorwurfe gereichen 
wird, daß er in der getroffenen Auswahl einen bestimmten 
nationalen religiösen Charakter aufweist, ist in innigster Be¬ 
ziehung zu dem voranstehenden Prosateile zusammengestellt. 
Bei einer großen Anzahl von Prosastücken ist darum auf Ver¬ 
wandtes in Inhalt und Stimmung der poetischen Abteilung 
hingewiesen. Immerhin bietet diese Verbindung den großen 
Vorteil, daß der Schüler vorbereitet und eingestimmt an die 
Lektüre des Gedichtes herantritt und die Dichtung als solche, 
d. h. rein poetisch zu wirken vermag. 
Noch liegt die Zeit nicht so fern, wo der deutsche Sprach¬ 
unterricht an den Hähern Schulen Ivie saures Bier und schiinmelig 
Brot ausgeteilt und empfangen ward, wo ödes Schweigen 
oder zuchtlose Vielrederei auf dem Lehrstuhle thronte, während 
die gähnende Langeweile ihren geschäftigen Rundgang durch die 
Bänke machte. Man konnte oder wollte sich nicht darauf be¬ 
sinnen, daß die bildende Kraft der Muttersprache nicht in den 
Formen, sondern in denl Inhalte ruhe, daß diese Kraft nicht 
aus zerrissenen Fetzen, sondern aus schönen Sprachganzen dem 
Lernenden zuströmen müsse, und daß ein zuchtloses Hernmtasten 
am Stoffe mit gelegentlichen grammatischen, ästhetischen und kri¬ 
tischen Bemerkungen, zu dem die Pedanterie, die hier wie überall 
nur die Signatur der geistigen Ohnmacht ist, ihre Zuflucht 
nahm, nur altkluge Geschwätzigkeit und frühreise Skepsis erziehe, 
wo doch ein inniges Hineinleben in den Inhalt Hauptsache sein 
sollte. Überhaupt wird bei der sprachlichen und sachlichen Er¬ 
klärung der jüngere Lehrer stets in Gefahr sein, eher zu viel als 
zu wenig zu thun; und nur zartes Verständnis mag es verhüten, 
daß nicht das viele Reden über den Stoff die Gesamtanschauung 
und bildliche Kraft des Inhalts verflüchtige und aus dem 
sprachlichen und sachlichen Destillierverfahren ein eaput mortuum 
für den Schüler zurückbleibe. „Der Schiller ist nicht mehr ge¬ 
fährlich, der wird schon in Sekunda erklärt" ist das Wort eines 
sachkundigen Jesuiten, der wohl verstand, wie herrlich weit es die 
sogenannte Erklärung deutscher Schriftsteller mitunter zu bringen
	        
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