Full text: Der Anschauungsunterricht in der Dorfschule

und zur Beförderung der Sittlichkeit. 27 
frühen Morgen bis zum späten Abend, für sie arbeiten 
sollte, ohne Bezahlung dafür zu verlangen. Aber als dies 
saure Jahr endlich überstanden war, hatte sie auch die 
Freude, nicht nur sich selbst durch ihrer Hände Arbeit red¬ 
lich ernähren zu können, sondern auch ihrer alten kränk¬ 
lichen Mutter eine Stütze im Alter zu sein. Da ihre Wiss¬ 
begierde sie antrieb, den Umgang verständiger Menschen zu 
suchen, von welchen sie lernen konnte, so blieb sie vor vie¬ 
len Thorheiten und Versuchungen bewahrt, und erfreute 
sich der Achtung und Liebe aller guten Menschen. 
Den Geschickten halt nian werth, „ 
Den Ungeschickten Niemand begehrt. — 
14. Aberglaube. 
(8uftav war so leichtgläubig, dass er Alles für wahr 
annahm, was er hörte, ohne zu untersuchen, ob es auch 
wahr sein könne. Diese Leichtgläubigkeit hatte ihn auch 
zum Aberglauben gebracht; denn wenn ihm Jemand sagte: 
in diesem oder jenem Hause spukt ein Gespenst, so glaubte 
er es, und erzählte cö Andern als zuverlässig gewiss; oder 
wenn man ihm weismachte, in dem Hause, vor welchem 
eine Eule schreie, oder ein Hund heule, müsse bald Je¬ 
mand sterben, so zweifelte er nicht im Geringsten daran, 
und er legte also eine Wirkung einer solchen llrsache bei, 
die unmöglich diese Wirkung hervorbringen konnte, das 
heißt: er war abergläubig. 
Einstmals bekam er einen Schaden aus heiler Haut, 
wie man zu sagen Pflegt. Anstatt, dass er nun einen or¬ 
dentlichen Arzt hätte um Nath fragen sollen, ließ er sich 
vielmehr von einer alten Frau bereden, die Wunde mit 
einem sogenannten Johannishölzchen (ein Holz, welches 
am Johannistage von einem Baume geschnitten worden 
ist) zu berühren, und glaubte, dass sie dadurch allein, ohne 
andere Mittel heilen werde. Da die Frau ihm versicherte, 
dass dieses schon Mehren geholfen hätte, welche sie na¬ 
mentlich anführte; so verließ er sich so fest darauf, dass 
er an keine ordentliche Kur dachte. 
Indessen ward die Wunde immer gefährlicher, und end¬ 
lich kam gar der kalte Brand dazu. Nun musste er doch 
nach einem Arzte schicken, der ihm das Bein abnahm, und er 
musste froh sein, dass er nicht gar das Leben dabei einbüßte.
	        
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