Object: Länderkunde von Europa, Wiederholungskurs, Die wichtigsten Handels- und Verkehrswege der Jetztzeit, Elementare mathematische Geographie (Teil 5)

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Sorinort. 
l)atte und feinen Horizont politisch wie wirtschaftlich saft rings vonnahbenachbarten, 
uns teilweise in beiden Hinsichten überragenden Völkern lind Staaten .umgrenzt sah, 
war es begreiflich, wenn auch im geographischen Unterricht alle Anfzengebiete nur in 
lockeren Umrissen und nnr insoweit dem Schüler vorgeführt wurden, als diese Länder 
mit der Geschichte des deutschen Volkes im Znsammenhange standen. Seit aber die 
Europäisieruug der Erdoberfläche immer weiter um fich gegriffen hat, seit vor allem 
die Deutschen sich über sie ausgebreitet haben und ihr erweitertes Wohnhaus fast den 
Erdball umspannt, seit politisch-wirtschaftliche Interessen schwerwiegendster Art uns an 
zahllose Erdstelleu binden, das Wohl uud Wehe von Millionen unserer Volksgenossen 
in Stadt und Land in unmittelbarer Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Entwicklung 
fremder Staaten uud Völker in uud außer Europa steht — die deutschen Kolonien 
spielen unter diesen ja noch immer eme bescheidene Rolle —, seit diesen v ölli g 
veränderten Zeiten muß auch die Jugenderziehung über den alther- 
gebrachten Rahmen hinausgehen und die heranwachsenden Generationen 
auf der allseitig erschlossenen und überschaubar gewordenen Erde eini- 
germaßen heimisch machen. Dies ist eine der unabweisbarsten Kou ' 
seqnenzen der Entwicklung der modernen Volkswirtschaft nnd des deut- 
fchen Volkes in ihr-. Die Vermittlung kann in diesen: Falle nicht wohl 
ein anderer Unterrichtszweig übernehmen als die Geographie/' Wir ver- 
weisen in dieser Richtung ans unsere Ausführungen in den Abschnitten: Die Beziehungen 
Deutschlands zn Holland, England, Amerika usw. hin. Die Schilderung Rußlands 
folgt in der Hauptfache Professor Heftners jüngstem Vnche: Das europäische Ru߬ 
land. Leipzig und Berlin, Teulmer, 1905, das nicht nur wegen seines gediegenen, 
zeitgemäßen Inhalts, sondern auch als Meisterwerk länderkundlicher Methode alle 
Beachtung der Schulwelt verdient. 
Wie die Länderkunde zur Erkenntnis geographischer Haupttatsachen nnd geo- 
graphischer Leitideen hinstrebt, so führt die physikalische Geographie znr Auffindung 
jener großen Gesetzmäßigkeiten, unter deren Einfluß die Naturkräfte fort uud fort 
das Antlitz der Erde neugestalten. Vorangestellte Definitionen und Einteiluugen können 
dabei nicht viel Nutzen stiften. Wichtig dagegen ist es, den Schüler zur selbständigen 
Beobachtung anzuleiten, sein Beobachtnngs-, Urteils- und Kombinationsvermögen in 
Bewegung zu setzen uud weniger seine Gedächtniskraft zn beanspruchen. Man darf 
sicher fein, daß der nach einer Richtung erwerkte Forschungstrieb sich naturgemäß auch 
aus andere Sphären übertragen wird, wogegen das nur gedächtnismäßig erworbene 
Wissen unfruchtbar bleibt uud bald der verdienten Vergessenheit verfällt. 
Die physikalische Geographie kann wie die Physik, zn der sie die nächste Ver- 
wandtschast hat, zu einem höchst wertvollen Bildnngsmittel werden, wenn sie von der 
Erfahrung ausgeht und in unmittelbarem Anschlüsse hieran in der wissenschaftlichen 
Denkweise und Untersuchungsmethode übt. Sie muß also engste Fühlung mit der 
Natur halten. „Ein Regenschauer, das Fließen eines Baches, das trübe Wasser des 
Flusses, die Gestalt einer Klippe, die Umrisse eines Berges, die Unebenheiten eines 
flachen Landes — diese und tausend andere gewöhnliche Vorkommnisse," sagt Geikie, 
„sollte der Lehrer eifrig aufgreifen und als lebendige Illustrationen der Gesetze benutzen, 
mit denen er seine Schüler vertraut machen muß. Auf solche Weise wird die physikalische 
Geographie nicht gelernt wie eine gewöhnliche Schulausgabe, sondern sie wird vielmehr 
zu einer angenehmen Erholung, bei welcher zugleich das Beobachtungsvermögen geübt,
	        
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