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22. Der Flußkrebs.
1. ^as Fleisch des Krebses ist eine beliebte Speise, und schon das
Kind weiß, wer das ist: Schwarz in die Küche und roth auf den Tisch.
Am Ufer der Büche und Flüsse, wo Erlen und abgestorbene Stämme
ihr Wurzelnetz in den Schlamm flechten, in tiefen Höhlen hauset der
Krebs. Er ist immer im Harnisch, schwerbewaffnet bis an die Zähne.
Sturmhaube und Küras aus einem Stück, aber siebenfach zusammengesetzt
der kunstvolle Ringpanzer seines Hinterleibs, der sich in eine floßenähnliche
Verbrämung endigt. Unter diesem Schilddach regen sich fünf, ja zehn
Paar krabbelnder Füße, die wuchtige Kriegsmaschine mühsam fortschiebend.
Vorn drohet ein feinzähniges Scherenpaar: der Fuß hat sich in eine
Faust verwandelt, die freilich nur aus Daumen und Kleinfinger besteht,
aber dennoch ein tüchtiger Packan ist. Neben dem Nasenstachel aber strecken
sich die langen, drahtähnlichen Fühler hervor, und aus feinen Stielchen
drehen sich die schwarzen Kugeln der Augen. Im Innern endlich
birgt er einen Stein, fast anzusehen wie ein weißes Auge, der in früheren
Zeiten als Heilmittel gebraucht wurde.
2. So brütet er in schwerer Ruhe, aus der nur die Nacht ihn her¬
vorzieht. Da entwickelt er dann sein Schwimmtalent. Mancher Frosch,
manches schlafende Fischchen wird ihm zur Beute; sogar die Schnecke in
ihrer rollenden Festung ist vor seinem Griffe nicht sicher. Aber lieber
noch als an das lebendige Gethier macht er sich über das verwesende; oft
findet man ihn scharenweise in den modernden Resten eines Hechtes.
Die Krebse fallen wohl auch über einander selbst her: ein plumpes Ringen,
Zerren intb Kneifen ohne Grimm und ohne Leidenschaft, ohne List und
ohne Heldenmuth. Es ist allein die Freßgier, welche die träge Waffe
treibt. Doch bei aller Stumpfheit und Freßgier zeigt die Krebsmutter
einen Zug elterlichen Sinnes; denn sie trägt nicht bloß ihre Eier sondern
zum Theil auch ihre eben ausgeschlüpften Jungen mit sich herum.
3. Der Krebs ist langlebig, schwer zu todten; selbst der Schärfe des
Essigs und des Weingeistes widersteht seine Wassernatur noch stundenlang.
Ein Alter von zwei Jahrzehnten erreicht er wohl drunten in seinem Ele¬
ment. Und er darf schon einen Fuß, eine Schere missen, ohne sich
krank zu fühlen; weiß er doch, daß sie ihm wieder wachsen. Gefangen
wird er bei Tag und Nachts bei Lichterschein. Aber wenn man ihn fangen
will, muß man ihn tapfer greifen; faßt man ihn furchtsam, nicht an
beiden Scheren sondern etwa bei einer, so gibt er kühlen Herzens diese
daran und flüchtet rückwärts in sein Versteck. Der ungelenke Körper ist